Symptoms

Lange als verschollen geglaubt und 2014 urplötzlich wieder aufgetaucht, wird dieser englische, 1974 vom genre-affinen Spanier José Ramón Larraz gedrehte Streifen zwar als Horrorfilm vermarktet, es handelt sich jedoch eher um einen Mystery- oder Psychothriller. Die emotional labile Helen (Donald Pleasences Tochter Angela) lädt Anne (Lorna Heilbron) in ihr herrschaftliches Landhaus ein, wo eine seltsame Atmosphäre herrscht und Helens oft irrationales Verhalten mit dem Verschwinden einer ihr nahestehenden, jungen Frau zusammenzuhängen scheint, wie aus kurzen Rückblenden ersichtlich wird. Und auch der eigenbrötlerische Gutsverwalter Brady (Peter Vaughan) wirkt, als habe er ein paar Leichen im Keller.

Aus Kostengründen muss sich John Scott bei SYMPTOMS mit einem zehnköpfigen Ensemble begnügen, aber er macht aus dieser Not eine Tugend und wir lernen ihn von einer anderen Seite kennen als gewohnt. Flöte, Klarinette, Klavier, Streichquintett, Harfe und Sopranistin finden sich zusammen, um den teils ungewöhnlichen Anweisungen des Komponisten Folge zu leisten. So hat etwa der Pianist über die Saiten zu streichen oder auf den Klavierdeckel zu klopfen, die Streicher spielen mit umgekehrten Bögen, und die Sopranistin verschafft sich ab und an mit Seufzen und tiefer Atmung Gehör.

Wer daraus jetzt schliesst, die Musik sei sehr experimentell und atonal, liegt richtig. Zumindest einigermassen richtig. Denn der Score besteht in der Tat hauptsächlich aus Klängen, die sich nicht einordnen lassen und ein allgemeines Misstrauen erwecken, und die schaurige Frauenstimme trägt das ihrige dazu bei, das Gemüt aufzuschrecken. Aber es gibt als kleinen Gegenpol dazu doch auch noch ein paar von Flöte und Klarinette dargebrachte, pastorale Stimmungen für die das Haus umgebende, verwunschen wirkende Landschaft.

Insgesamt ist SYMPTOMS keine leichte Kost, aber wer die äusserst spannende Filmmusik-Phase der frühen bis mittleren 1970er-Jahre schätzt, wird die Musik zu würdigen wissen. Das dürftige Booklet wirkt optisch nicht ansprechend und passt nicht wirklich ins Jewel-Case, aber wenigstens enthalten die Liner-Notes von Randall D. Larson trotz ihrer Kürze einige wertvolle Informationen.

Andi  |  25.10.2022

SYMPTOMS
John Scott
Dragon's Domain Records DDR 763
38:36 Min. | 10 Tracks
Limitiert auf 500 Stk.