Symphony for Richard III

Review aus The Film Music Journal No. 13/14, 1998

1996 wurde dieser Stummfilm aus dem Jahre 1912 in einem Privat-Archiv in Amerika aufgefunden. Dazu das beiliegende Textblatt: «Der Film wurde für $ 30.000 gedreht, beinhaltet 70 Szenen, Hunderte von Schauspielern, 200 Pferde, fünf Schlachtszenen und üppige Kostüme…» Der Musikwissenschafter und Morricone-Kenner Sergio Miceli schreibt zudem: «Das grösste Problem für einen Komponisten – der Musik zu einem Stummfilm schreiben muss – ist dieses, dass die Musik ohne Unterbruch dahin fliessen soll…»

Zum Abschluss des Film-Festivals in Venedig 1997 wäre Morricones Filmmusik – oder vielmehr Konzertmusik – aufgeführt worden, wobei aber dieser Anlass im letzten Moment abgesagt wurde. Für viele, nebst dem Maestroder seine Musik dirigiert hätte, eine herbe Enttäuschung.

Die Musik auf dieser CD ist in acht Abschnitte unterteilt, beginnend mit dem «Prologue», welchem kein eigentliches Hauptthema zugrunde liegt. Erstmals erscheinen hier Trompetenfragmente, ein wichtiges Instrument in Richard III, wobei dabei Nello Salza zur Geltung kommt. Der Score, als Gesamtwerk betrachtet, braucht mehrmaliges Anhören, es wird dem Zuhörer keine leichte Kost geboten. In Richard III finden sich mehrere Filmmusik-Zitate vom Komponisten selbst, Themen aus früheren Soundtracks, was mich persönlich beim Anhören jeweils etwas irritiert, denn man beginnt sogleich zu «hirnen», wo man dieses oder jenes Thema schon mal gehört hat. Eine eigenständige Musik für diesen Sheakespear- Stoff wäre interessanter gewesen.

Die Schreiber und Rezensenten der «Ennio Morricone Society» haben die Zitate und verwendeten Themen säuberlich aufgelistet: Newsletter 80/Dezember 1997. Speziell hervorgehoben sei hier «The Journey to London», wobei ich dem Herausgeber des erwähnten Morricone-Journals, Martin van Wouw nur zustimmen kann, den hierbei handelt es sich um ein wunderbares Stück Musik, das den Hörer ins Mittelalter zurückversetzt: Klavier und Gitarre weben einen Rhythmus wonach Trompete und Posaune fugenartig ihr Thema zu spinnen beginnen. Weitere Instrumente gesellen sich dazu: Flöte, Schlagwerk, Tuba und Glockenspiel, bis schliesslich die Streicher einsetzen, mit einem hartnäckigen Gegenrhythmus. Dann aber kommt die Ruhe, dunkel und träge fliesst die Melodie dahin, Hörner und Klavierakkorde verhallen. Die Oboe gleitet in diesem unendlich traurigen Klangbild mit, ein wirklich wunderbarer Moment dieser Einspielung.

Ein interessanter Morricone-Score, eingespielt durch die Academia Musicale Italiana, sowie einigen musikalischen Zitaten aus HAMLET, RAMPAGE, LA MONACO DI MONZA und SEPOLTA VIVA.

Andreas  |  1998

SYMPHONY FOR RICHARD III.
Ennio Morricone
Sony
56:10 | 8 Tracks