Strassenfeger

Review aus The Film Music Journal No. 20, 1999

Offensichtlich lohnen sich die wie Pilze aus dem Boden sprießenden CDs mit deutscher Film- und Fernsehmusik der sechziger und siebziger Jahre. Diesmal wird auf das Lieblingsstichwort aus öffentlich-rechtlichen Krimitagen zurückgegriffen: Serien wie STAHLNETZ und DER KOMMISSAR, vor allem aber die mehrteiligen Fernsehkrimis nach Durbridge und Co. waren zu Zeiten der Alleinherrschaft von ARD und ZDF «Straßenfeger» und —wie der nostalgischironische Booklettext resümiert — am nächsten Tag wichtigstes Gesprächsthema in Schule und Büro, gepfiffene Titelmelodien inklusive.

Leichte Ware, hörbar angestaubt, wiewohl für diese CD klanglich auf Vordermann gebracht, reiht sich in Form der wichtigsten Themen aneinander. Ihr Grundzug ist der Versuch, Coolness zu vermitteln. Die dazugehörigen Drehbücher und Inszenierungskonventionen wurden schon damals vielfach als Ausdruck reaktionären Spießertums gewertet.

Als Partyvergnügen für Thirtysomethings läßt sich die STRASSENFEGER-CD durchaus einsetzen. Martin Böttcher kriegt die Kurve wieder mal am besten, ist allerdings nur mit zwei Easy Listening-Tracks vertreten: SPUR 211 und DAS KRIMINALMUSEUM. Die Klischees der übrigen Stücke nimmt man zwar hin, doch gibt es nichts Schlimmeres als brüchig inszenierte Selbstironie, und das einzige gesungene Thema, der deutschen Agentenserie PERCY STUART entnommen, treibt die Richtmarke für peinliche Auswüchse in neue Höhen: «Percy Stuart, das ist unser Mann. Ein Mann, ein Mann, ein Mann, der alles kann.» Text und Musik hätten sich bestens in Dieter Thomas Hecks Schlagerorgien der frühen Siebziger eingefügt. Weil es aber für alles Nostalgiker zu geben scheint, wird auch diese CD ihre Klientel finden.

Die Rückseite des Booklets scheint als Geheimschrift konzipiert zu sein; jedenfalls läßt sich der in kleinen Lettern weiß auf sehr hellem Blau gedruckte Text nur mit einer Speziallupe oder entsprechenden Decodierungsutensilien (Zitronensaft, Kerzen) aus seinem Mysterium locken. Auch hier heißt es also wie in Track 5 der CD: Die Katze im Sack.

Matthias  |  1999

STRASSENFEGER
various
Colosseum
51:28 | 21 Tracks