Das war schon eine grosse Überraschung als Film Score Monthly anlässlich der Comic-Con mit Star Trek II: The Wrath of Khanaufkreuzte. Nicht wenige, auch meine Heiterkeit, hatten mit Gremlins, vielleicht auch Innerspace gerechnet. Die Ankündigung, dass Joe Dante ebenfalls an dem Anlass teilnehmen würde, verdichtete diese Vermutung zusätzlich. Nun ist es aber James Horners grosser, wuchtiger Einstieg in die Hollywoodelite der Filmmusiker, den FSM unter ihrem Label Retrograde in expandierter 75 Minuten Version und in unlimitierter Auflage gebracht hat.
Für eine Vielzahl von Filmmusikfans war Star Trek II die erste „Berührung“ mit dem neuen Talent, das da in Hollywood zuvor mit Scores zu B-Pictures wie Humanoids from the Deep und Battle Beyond the Stars seine ersten Schritte getan hatte. Letzterer war es denn auch, der zum Engagement für das Sequel zum teuren, aber damals für viele enttäuschenden ersten Auftritt der Enterprisecrew auf der grossen Leinwand geführt hat. Horner packte die ihm gebotene Chance und legte eine furiose Komposition hin, die heute noch bei vielen Horner-Fans zu den absoluten Favoriten zählt.
Der bisher erhältliche, knapp 45 minütige LP-Schnitt, auf CD bei GNP Crescendo erschienen, ist ohne Zweifel ein tolles Hörerlebnis. Daran gibt es nichts zu rütteln, denn der Score präsentiert sich darauf ungeheur lebendig, abwechslungreich und reich an Höhepunkten. Aber für Fans des Komponisten, zumindestens seiner 80er Jahre Phase und nicht zuletzt für Trekkers, wie die Star Trek Fans genannt werden (wollen), erfüllt sich mit dieser verlängerten Neuauflage ein wenigstens kleiner Filmmusiktraum.
Ich gehe davon aus, dass das alte Albumprogramm und somit auch die Musik den meisten wenn nicht sogar einem jeden Filmmusikfan bekannt sein dürfte, deshalb gehe ich hier vorwiegend auf die neuen Stücke ein.
Horner wurde angewiesen nicht auf Goldsmiths neues Thema aus The Motion Picture zurückzugreifen, vielmehr sollte Alexander Courages TV-Thema verwendet werden, da man sich mit Star Trek II wieder mehr an der alten Serie orientieren wollte. Und so enthält sein Main Title eben auch dieses bekannte Courage Thema, eines der populärsten TV-Stücke – und natürlich sein neues Thema für Captain, Verzeihung, Admiral Kirk und ein weiteres für die Enterprise. Zweifellos eine der grossartigsten Titelmusiken Horners.
Aber nun zum neuen Kapitel: Einige der bisher nur aus dem Film bekannten Stücke sind recht kurz, so zum Beispiel Surprise on Ceti Alpha V, ein knapp gehaltener, sich steigernder Spannungstrack.
Mehr auf Schockeffekte und Entsetzen aus ist Horner mit The Eels of Ceti Alpha V, Musik zu jener Szene, in der Khan den Gefangenen Chekov und Terrell die garstigen Biester ins Ohr schlurfen lässt. Hohe Streicher, tremoli und betonte Perkussionspunkte unterstreichen den Horror der Szene. Nahtlos folgt Kirk in Space Shuttle, das kurz die Hauptthemen aus Main Title in einer gelungenen Variation anspielt.
Kirk Takes Command beginnt mit Spocks Thema um dann mit Pauken und Trompeten in Kirks Thema überzugehen. Nach einer furiosen Blechfanfare für die fliehende Enterprise folgt das kurze, wiederum hauptsächlich spannungsbetonte He Tasks Me.
Genesis Project wurde von Craig Huxley komponiert und mit seinem Blaster Beam, den wir aus Goldsmiths Star Trek – The Motion Picture kennen und Synthesizern eingespielt. Mit den aufeinanderfolgenden Inside Regula 1, Brainwashed, Captain Terrell’s Death, Buried Alive und The Genesis Cave folgen fünf kürzere Tracks von denen letzterer mit seinen traumhaft-paradisischen Natur sicher der aus dem Film bekannteste und auf LP/CD meist vermisste ist, während Inside Regula 1 in seiner kakophonischen Art an Wolfenerinnert. Captain Terrell’s Death wiederum ist ein toll gemachtes Spannungststück mit dem bewährten rhythmischen Grundmuster und den schrägen Blechbläserklängen.
Enterprise Attacks Reliant ist der aus den vorangegangenen „Schlachtszenen“ resultierende finale Schlusspunkt gegen die von Khan befeligte Reliant. Ein kurzes, prägnantes Stück, das Fans des Films ebenfalls auf dem alten Album gerne gehört hätten. Nun können wir es.
Spock Dies, damals eine Szene, die jedem (auch Nicht-) Trekker die ein oder andere Träne aus dem Auge kullern liess, nimmt für die letzte Szene des Vulkaniers dessen Thema erneut auf ehe Horner als Salut für Spock das Courage-TV-Thema mit viel Wehmut erklingen lässt.
Witzig, dass sich einer der ergreifendsten Momente im Film, das Schiffsbegräbnis von Spock, für Horner als kleiner Stolperstein erwies. Er wurde angwiesen für diese Szene das von Scotty auf dem Duddelsack angespielte „Amazing Grace“ in den Score zu übernehmen, etwas was ihm doch sehr widerstrebte. Das Resultat fand ich aber schon im Film immer durchaus gelungen, auch wenn diese so amerikanische „Hymne“ wohl zu einem der abgenütztesten und klischeehaftesten Stücke zählt. Aber auch auf der CD macht es sich wirklich gut.
Kurz ein paar Worte zu meinen Lieblingstracks (nebst Main und End Title): Khan’s Pets, das wir wenige Jahre später auch in Aliens hören werden (jaja…), das fremdartig klingende Spock, das famose Enterprise Clears Moorings, die nicht weniger umwerfenden Kirk’s Explosive Reply, Battle in the Mutara Nebula, Genesis Countdown. Grossartige Filmmusik vom damals jungen, hochmotivierten James Horner.
Kennt man das Originalalbum (wie ich fast in- und auswendig), so lassen die verwöhnten Lauscher natürlich bei den bekannten Tracks doppelt aufhorchen. Und man darf sicher behaupten, dass die alte Zusammenstellung einfach ausgezeichnet gelungen war. Die FSM CD nun hält dem gegenüber eine filmchronologische Sequenzierung und durch die Anreicherung mit zusätzlichen, manchmal unauffälligeren Stücken ein etwas gestrecktes, eben mehr filmorientiertes Programm bereit, das durchaus seinen Reiz hat. Und das tolle Booklet, in Gemeinschaftsarbeit von Lukas Kendall, Jeff Bond und Alexander Kaplan entstanden, setzt dem ganzen noch das Krönchen auf!
Man kann wohl davon ausgehen, dass bald auch Star Trek III: The Search for Spock ein verlängertes Revival erleben wird.
STAR TREK II: THE WRATH OF KHAN James Horner Film Score Monthly/Retrograde 75:28 Min. / 23 Tracks
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