von Bernd Klotzke
Einer der bedeuteten und einflussreichsten Komponisten in Japan ist Akira Ifukube. Seine Popularität ist vergleichbar mit der von John Williams in den USA. Neben seiner Filmmusik erfreut sich seine klassische Musik einer großen Beliebtheit. Daher ist es nicht verwunderlich, dass im Jubiläumsjahr neben diversen Neueinspielungen auch historische Aufnahmen eine Neuauflage erleben. Ifukube ist der traditionellen japanischen Musik verbunden. Bestandteil sind ethnische Elemente der Ainu Folklore und so wird Ifukube auch als „Vater der nationalistischen Musik in Japan“ bezeichnet.
Am 31. Mai 1914 wird Akira Ifukube in Kushiro, einer Stadt auf der Insel Hokkaido, geboren. Er entstammt einer ehrwürdigen japanischen Familie, deren Vorfahren auf einer Reihe namentlich erwähnten Shintopriester zurückblicken kann.
Geboren wird er in einer Zeit, in der sich Japan kulturell und politisch dem Ausland öffnet und gravierende gesellschaftliche Veränderungen erlebt. Die Edo Ära zeichnete sich durch eine Isolierung Japans seit dem 16. Jahrhundert aus. Japan ist ein feudaler Staat, in dem die Kriegerkaste die politische Macht in Händen hält und der Kaiser das religiöse Oberhaupt ist. Erst mit Beginn der Meiji Ära 1868 beginnt eine gravierende Änderung sowohl in der Politik, als auch innerhalb der japanischen Gesellschaft. Die Reform des Kaiserhauses beendet eine Regierung durch die Kriegerkaste und läutet die Moderne ein. Mit der Reform erhält das Land eine moderne Verfassung und ein Parlament, so dass aus Japan eine konstitutionelle Monarchie wurde. Die politischen und kulturellen Veränderungen zwingen Ifukubes Großvater im 19. Jahrhundert auf der Insel Hokkaido eine neue Existenz zu gründen. Hier lebt die Ainu Bevölkerung, deren folkloristische Kultur besonderen Einfluss auf die Musik Ifukubes hat. Die Verbindung folkloristischen Elementen gepaart mit westlichen Einflüssen wird das Markenzeichen seiner Musik.
Als 14. Jähriger Jugendlicher hört Ifukube die Musik von Igor Strawinsky und beschließt sich der Musik zu widmen. Autodidaktisch bringt er sich neben dem Violinspiel auch das Komponieren bei. Der musikalische Schulunterricht vermittelt ihn einen ersten Einblick in die westliche Musik, die er dann nach und nach mit dem nordasiatischen Musikstil verbindet. Neben Strawinskys Sacre du printempssind es slawische Elemente die zu seinen Vorlieben zählen.
Nur in seiner Freizeit beschäftigt sich Ifukube mit der Musiktheorie und dem Studium von Partituren. Erste Werke finden ihre Aufführung und besonders Bon Odori 1933 eine Suite für Klavier lässt aufhorchen. So entsteht 1935 neben seinem Studium der Forstwirtschaft die Japanische Rhapsodie für großes Orchester, mit der er den Tscherepnin Wettbewerb gewinnt. 1936 erlebt dieses Werk mit dem Boston People´s Orchester seine Weltaufführung und Ifukube internationale Anerkennung. 1938 erhält Ifukube für seine Klaviersuite einen weiteren international renommierten Preis und internationale Verlage beginnen sich für seine Werke und seiner Musik zu interessieren. Trotzdem widmet sich Ifukube nur neben seinem Beruf als Forstwirt dem Komponieren von Musik. Erst nach dem 2. Weltkrieg und dem Wechsel nach Tokio ändert sich dieser Zustand. Obwohl die europäische Avantgarde und Techniken starken Einfluss auf die japanische Musikwelt haben, verschließt sich Ifukube dieser Richtung. Nach wie vor sind es die ethnischen Motive und Rhythmen seiner Heimat gepaart mit westlichen Klängen, die seinen Kompositionsstil beherrschen. Sie beeinflusst neben der Klassik auch die populäre Massenmusik Japans. Ostinato und repetitiven Mustern sind Hauptbestandteil seiner Musik. Diese Kompositionstechnik findet sich bei Bernard Herrmann bis hin zu den Minimalisten wie Philip Glass oder auch John Adams.
In der Folge widmet sich Ifukube dem Lehramt und ist als Professor an der Nationalen Universität der Schönen Künste und Musik und später als Dekan an der Staatlichen Musikakademie in Tokio tätig. Zu seinen Schülern zählen namenhafte Komponisten, die von seinem Wissen und von seinen Kompositionen beeinflusst werden.
Es ist sein Freund Fumio Hayasaka (The Seven Samurai, Rashoumon), der ihn 1946 mit zu den Toho Studios nimmt und ihn für die Filmmusik gewinnt. Gleich sein erster Score Ginrei no Hate (End oft he Silvery Peaks) 1947 lässt aufhorchen. Es ist der große Einfallsreichtum und die Symbiose von fernöstlichen und westlichen Elementen die begeistert. Trotzdem findet es Ifukube schwer sich der Filmmusik zu widmen, da sie ihm nicht seriös genug ist. 1954 mit Godzilla schafft Ifukube den internationalen Durchbruch. Sein marschähnliches Hauptthema wird Markenzeichen und begleitet alle weiteren Godzilla Folgen. Selbst der typische Godzilla Schrei basiert auf eine Komposition von Ifukube. Als die Tontechniker verzweifelt einen Sound kreieren wollten, gelangten sie schnell an ihre Grenzen. Auf der einen Seite wollte man keinen „synthetischen“ Sound und auf der anderen Seite klang eine Verschmelzung unterschiedlicher Tierlaute unmöglich. Erst dem Einfallsreichtum Ifukubes gelang es einen unverwechselbaren Sound aus einer geharzten Saite für Streichinstrumente zu erzeugen. Der Godzilla Schrei ist einmalig und typisch für spätere Gojira Scores. Ifukube begleitet kompositorisch Godzilla von seiner „Geburt“ 1954 bis hin zu seinem filmmischen Tod 1995 mit dem beeindruckenden Requiem (Godzilla vs Destroyah). Eine melancholische Melodie gepaart mit einem asiatischen Soprangesang und einem Frauenchor. Die Melancholie sieht sich wie ein roter Faden durch sein filmmusikalisches Schaffen und findet sich unter anderem in Burma´s Harp 1956, Lady Ogin 1978 bis hin zur Dokumentation Kushiro Marshland 1993.
1983 fügt Ifukube die Hauptthemen seiner SciFi Scores zu 3 Suiten zusammen. Die Symphonic Fantasia No. 1 bis 3 sind beliebte und erfolgreiche Konzertwerke die bis Heute regelmäßig in Konzertsälen aufgeführt werden. 1991 erweitert er sie um eine Suite aus Godzilla vs King Ghidora. Eine empfehlenswerte CD enthält genau diese Zusammenstellung und sie ist bei King Records in Japan erhältlich (King Records KICW 5470). Der originale Titel der CD lautet Kaijyu Tokusatsu Eiga Ongaku Best oder auch Godzilla, Godzillla, Godzilla Best!
Desweitern gibt die DoCD Film Music Collection (Toho Music AI 1914 1-2) einen guten Überblick in die Filmmusik von Ifukube. Es handelt sich um eine exklusive Veröffentlichung von Arksquare in Japan und wurde anlässlich des ersten Todestages von Ifukube veröffentlicht. In kurzen teilweise nur einzelnen Themen findet sich hier eine Zusammenstellung der Scores von 1947 bis hin zu 1995. Die Aufnahmen sind recht unterschiedlich und so ist die Tonqualität teilweise historisch.
Mit der CD Serie „The Film Works by Akira Ifukube“ (Soundtrack Listener Club SLC 5050-5059) vermittelte Yasuhiro Wade Mitte der 90iger Jahre einen umfassenden Einblick in die Filmmusik Akira Ifukubes. Einmalige Schätze sind hier zum ersten Mal auf CD veröffentlicht. Neben 20 Minuten aus Lady Oginfinden sich hier auch 30 Minuten aus Buddha, 11 Minuten aus Burma´s Harp und 35 Minuten aus der empfehlenswerten Musik aus Chi-Shin-Gura. Leider ist diese Serie schon lange out of print und nur noch über Online Shops erhältlich.
Anlässlich des 50 jährigen Jubiläums veröffentlichte Toho Records die komplette Godzilla Musik. In 6 aufwendigen Boxen wurden ab 2004 alle bei Toho erschienen Scores in erweiterter und überarbeiteter Version mit umfangreichen Booklets und Bonusmaterial veröffentlicht. Selbst die für den ersten US Kinofilm von Roland Emmerich produzierte Musik von David Arnold wird hier auf einer DoCD gewürdigt. Als kostenlose Zugabe erhalten alle Käufer der sechs Boxen eine DVD „The Recording Archives“ mit historischen Material, die so im Handel nicht erhältlich ist.
Über 300 Filmmusiken komponiert Ifukube in einem Zeitraum von fast 50 Jahren, doch galt sein Hauptaugenmerk der Klassik und dem Lehramt. Auch mit musikwissenschaftlichen Veröffentlichungen hat er sich einen Namen gemacht. Zu Ifukubes Kompositionen zählen Orchesterwerke, Kantaten, Ballettmusiken, Kammermusik, Stücke für Klavier und Gitarre, Musik für altjapanische Instrumente und Lieder auf nordjapanischen Volksweisen.
Seine Filmscores werden beeinflusst von Jacques Ibert und Alexander Tansmann, wohingegen der Einfluss in den klassischen Werken bei Strawinsky, Verdi, Manuel del Falla und Mussorsky liegt.
Bei dem Klassik Label Fontec (Fontec FOCD 9531/32) erschien vor kurzem eine Zusammenstellung klassischer Ifukube Werke.
Folgende Werke finden sich hier: Japanes Rhapsody 1935, Triptyque Aborigene 1937, Ballata Sinfonica 1943, Sinfonia Tapkaara 1954, Ritmica Ostinata 1961, Concerto No. 2 for Violin and Orchestra 1979 und Lauda Concertata 1976.
King Records Japan produzierte eine von Akira Ifukube selbst überwachte Serie neueingespielter Werke. Das Japan Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Tetsuji Honna interpretierte die klassisches Ifukube Werke. In einer 9 teiligen CD Serie finden sich alle wichtigen Werke und ein Live konzert zum ersten Todestag des Maestros. Das Ballett Salome wie auch Symphonic Ode sind Bestandteil der CD Serie.
Bernd, 14.4.2014
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