Shattered

SHATTERED war Wolfgang Petersens erster «echter» Hollywoodfilm, der auch in den USA für MGM gedreht wurde – ein langersehnter Wunsch, der für den Deutschen mit diesem Film in Erfüllung gehen sollte. Mit dem famosen und bis heute unerreichten DAS BOOT (1985) machte Peterson vielerorts auf sich aufmerksam, bei der von Problemen geplagten 20th Century Fox Produktion ENEMY MINE (1985), die in Deutschland gedreht wurde, unternahm er einen durchaus gelungenen Rettungsversuch. Petersen kannte die Vorlage zu SHATTERED, «The Plastic Nightmare», bereits seit den 70er Jahren, für ihn ein Stück à la Alfred Hitchcock, einen Filmemacher, dessen Werk er bewunderte.

Nach einem Autounfall liegt Dan Merrick entstellt und mit Amnesie im Krankenhaus und muss sich mehreren plastischen Eingriffen unterziehen. Nach und nach rollt er die Geschehnisse vor dem Unfall wieder auf.
Tom Berenger gibt Merrick, seine Frau wird von Great Scacchi gespielt, ausserdem ist als Privatdetektiv Bob Hoskins zu sehen. Auch wenn der Film kein grosser Erfolg war, so öffnete SHATTERED Peterson die Tür als Regisseur von IN THE LINE OF FIRE (1995) mit Clint Eastwood.

1991 war mit fünf Filmen ein geschäftiges Jahr für Alan Silvestri, drei Komödien und zwei Thriller standen auf dem Programm. Seine Musik zu SHATTERED öffnet in «Shattered Opening Titles» mit (digitalen) Synthesizerklängen, die für eine kurze Weile von E-Perkussion ergänzt werden. Schliesslich lassen glasklare Violinen das Hauptthema des Scores ertönen, später von einem Klavier übernommen. Das Ganze ist sehr hübsch und eingängig gemacht – es könnte durchaus von Jerry Goldmsith stammen. Allein für die Titelmusik darf man ohne Zögern eine 4 bis 4.5 zücken. Später wird das Hauptthema von einem E-Piano und Synthie intoniert, oft einleitend für andere Instrumente, so zu hören zum Beispiel in «Operation Montage (Alternate)», das mit einer rauschenden Coda endet. Diese Tracks versprühen oft Optimismus, andererseits deuten sie auch auf etwas Unausgesprochenes hin. Weit mysteriöser wird es in «Dan & Jenny on Beach» mit tremolierenden Bratschen und Celli und deutlichen fortissimo Statements der Streicher. Ab Track 3 ist das Zwei-Noten-Myterioso Motiv zu hören und der Score ist düsterer und spannungsvoller. «Dan & Jenny Talk (Alternate)» ist einer der längeren der Suspensetracks – und ein fein gemachter noch dazu -, während Stücke wie «The Shipyard» oder «It’s Judith», aber insbesondere «The Body is Revealed» den Spannungswert noch erhöhen.

Actionmaterial plus Supense ist in Tracks wie «Driving Dan» und den wirklich tollen «The Chase» sowie «Klein’s Shot» zu hören, unter anderem angetrieben von Synthies und E-Drums. Silvestri arbeitet hier oft fragmentarisch das Hauptthema ein. Silvestri-Kenner werden mal mehr, mal weniger offensichtliche «Spuren» aus PREDATOR (1985), aber auch aus der BACK TO THE FUTURE-Trilogie finden, Silvestri eben.
Ein starker, stellenweise mitreissender 55minütiger Thriller Score mit einem umwerfend gut gemachten Titelthema für die Start- und Schlusstitel von Alan Silvestri zu einem heute kaum mehr zu sehenden Wolfgang Petersen Film.

Aufgefüllt wurde die CD nach dem Score mit einigen kurzen «Stingers», aber auch «orignal» und «alternate» Versionen, plus zweier Source Music Tracks. Dazu bekommen wir ein gut gemachtes 20-Seiten Booklet, in dem abschliessend Douglass Fake erzählt, dass hier einige Male seitens des Labels Einfluss auf eine musikalischere Abfolge und Verarbeitung von teilweise auch kurzen Tracks gelegt wurde. Somit kann die alte Scheibe von anno dazumal mit ihren 35 Minuten Laufzeit endgültig im Regal bleiben.

Phil  |  09.03.2023

SHATTERED (Intrada)
Alan Silvestri
Intrada ISC
78:26 | 31 Tracks