Serenity

Es braucht schon einiges an Mut, Überzeugungskraft und gesunde Selbsteinschätzung eine Serie, FIREFLY (2002-2003), die nach 11 von 14 Episoden eingestellt wurde, kurzum für die Leinwand als SERENITY (2005) wiederzubeleben. Cult following hin oder her, Joss Whedons Story, die er selbst inszenierte, brachten an den Kinokassen nur knapp 40 Millionen US$ ein und stellen somit eher Flop als Kult dar. Der Film, basierend auf der Serie, ist denn auch ein rechtes Hotchpotch an Charakteren (insbesondere für all jene, die die Serie nicht kennen), die einem irgendwie egal sind dazu mittelmässigen Spezialeffekte und Raumschiffe (wovon eines eben SERENITY genannt wird). Joss Whedon, der einst die erfolgreiche BUFFY THE VAMPIRE SLAYER Serie auf stolze 145 Episoden brachte und 2012 Regie bei THE AVENGERS führte, holte sich David Newman, Spross des berühmten Alfred Newman, ans musikalische Ruder. Newman hatte sich im Genre mit GALAXY QUEST (1999) und THE PHANTOM (1996), zweifellos aber bei den Filmmusikliebhabern mit seinen Arbeiten zu HOFFA (1992) und MR. DESTINY (1990) einen Namen gemacht.

Für SERENITY sollte es keine der im Science Fiction-Genre üblichen, grosssinfonischen Kompositionen werden. Newman zieht hier eine Mischung aus teils exotischen Klängen, Synthesizern und einem oft krachenden Orchesterkörper vor. Newman hält zwei hauptsächliche Motive bereit, so für den Hauptcharakter und Captain der Serenity, Mal, dem ein Solo-Cello zugeschrieben wird, das aber oft von einem Wild West-Einschlag gefolgt wird (oft Gitarre, E-Gitarre, Banjosounds) und ja, im Track «Serenity» für eine Weile gar so klingt wie Hans Zimmers späteres Hauptthema der SHERLOCK HOLMES Kinofilme. Mal und das Schiff (sowie die Crew), die Serenity, sind eng verbunden und so ist es auch die Musik dazu, wie in «Going for a Ride» oder «Flight to Training House» und einer Menge anderer Tracks, in der Newman mit den Elementen spielt.

Der zweite Hauptcharakter ist die mysteriöse River, die sich im Verlauf des Films zur tödlichen Waffe entwickelt. Ihr fast kindlich unschuldiges Motiv wird von einem getunten Klavierklang wiedergegeben («River and Simon in Locker»), häufig von sphärischen Klängen begleitet.

Für die Bösewichte des Films hält Newman eine Batterie an Schlagwerk, E-Perkussion, Chor (allerdings elektronisch und verzerrt, als Sample vorhanden) und eine volle Pulle an Blechbläsern bereit. Auch exotische Instrumente wie eine Shakuhachi sind hier zu hören («Training House Fight») und Newman ergänzt die Streicher ab und wann aus dem Elektronikkasten. Komplexe Tracks wie «Space Battle» und «Crash Landing» erinnern durchaus an Elliot Goldenthals Handschrift.

David Newman, der mit GALAXY QUEST eine zünftige Science Fiction Musik hingelegt hat, geht hier einen komplett anderen Weg, verbindet seine unauffällig gehaltenen Themen und Motive mit sphärischen Klängen, exotischen Musikteilen, viel Schlagwerk und mächtigem Blech (auf Wunsch des Regisseurs hat der Komponist auf Holzbläser verzichtet). Da ist nichts mit einem Titelmarsch oder heldenhafter Thematik – angesichts der Serenity und ihrer Crew (outlaw feeling) sicherlich kein falscher Weg. Der Westernhinweis ist ganz witzig gemacht und die oft brachiale Musik der Reaper hat einiges für sich (und ist doch meilenweit entfernt von der dauerhaften (E-)Perkussionslawine aktueller Action- und Marvelfilme). Wer also offen ist für einen Score abseits der beliebt bekannten Art und Weise des Genres, dürfte hier vielleicht Gefallen finden – mir hat SERENITY auch der Komplexität, der düsteren und wilden Passagen wegen ausgesprochen gut gefallen und die luxuriöse Laufzeit tut dem Spass keinen Abbruch, ganz im Gegenteil. Fans der einstigen Serie und des Films, sollte es solche geben, dürften wohl sowieso zugeschlagen haben.

Begleitet wird diese lange Doppel-CD (die alte, 50 Minuten-CD aus gleichem Hause, aber nicht im Club Programm herausgebracht, übertrifft diese Veröffentlichung um satte 80 Minuten) mit einem 16-Seiten-Booklet mit Text von Daniel Schweiger.

Phil  |  01.01.2024

SERENITY
David Newman
Varèse Sarabande Club
CD 1: 45:59 | 34 Tracks
CD 2: 43:47 | 19 Tracks
Limited to 2000 Copies