Wie die Zeit vergeht. 27 Jahre ist es demnächst her seit Kevin Costner mit „reinstem“ amerikanisch auf den Bäumen von Sherwood Forest herum tanzte. Ganz ehrlich, der Film war eine vergnügliche Sache, auch wenn so einige Neuerungen und der düstere Look durchaus zum gegenteiligen Diskutieren Anlass gaben. ROBIN HOOD: PRINCE OF THIEVES war ein Riesenhit. Costner, frisch vom Oscarerfolg mit DANCES WITH WOLVES damals ein Kassenmagnet und der Song zum Film nicht weniger erfolgreich und beinahe wieder so obligat wie einst (Kamen musste es danach mit DON JUAN DE MARCO und THREE MUSKETEERS aber etwas weniger erfolgreich nochmals einen „schreib uns einen Hit“ Dreher hinlegen). Doch was hat am wenigsten am Zahn der Zeit genagt? Die Filmmusik von Michael Kamen. Ehrlich „Everything I Do“, so gerne ich Bryan Adams Stimme mag, der Song hat sich „tot“ gespielt wie Jahre später James Horners TITANIC Titelsong, geschmettert von Céline Dion. Der Film ist trotz etwas Schalk hie und da einfach zu „ernst“ – nur noch getoppt von Ridley Scotts überflüssigem und völlig humorlosem 2010er Werk (ein Blick auf imdb hingegen zeigt, es ist tatsächlich wieder ein neues Projekt auf dem Weg, ähm, mit Jamie Foxx als Little John). Doch ehe sich nun doch jemand auf eine Neuauflage des Kamen/Adams Songs freut, dazu war für die Intrada Scheibe scheinbar keine Lizenz zu bekommen. Ich denke wir können damit besser leben als mit einem James Bond Film ohne Titellied.
Nicht immer ist es leicht einen Zugang zu einer Michael Kamen Musik zu finden. Insbesondere seine Actionscores fordern vom Hörer mehr als nebensächliches Plätschern lassen. Das ist bei ROBIN HOOD – PRINCE OF THIEVES allerdings anders. Hier schmettert ein wundervolles Hauptthema, ein Liebesthema nicht platt vom Song abgekupfert, sondern fein und sorgsam in die Komposition eingebettet, schwelgt vor sich hin („Marian at the Waterfall/Camp“, augenfälliger in „Baby“ und von der Harfe gespielt in „The Plot Thickens“) und es nervt keine oder kaum („Medieval Dance Source“) „authentische Rittersmusik am Hofe“. „Celt Battle“ ist vielleicht eines des düstersten Stücke hier, wo ein wenig die komplexere Tonsprache Kamens in Sachen Action angedeutet wird (man achte auf das Blech und die letzte Hälfte des Tracks), zusammen mit dem fast sieben minütigen „Plans for Rescue“. Doch Kamen kann noch länger: „Mayhem in Town“ legt den Grundstein für die dreizehneinhalb Minuten von „Rescue Marian“, einem zünftigen Schuss kerniger Actionmusik und aha, hier haben wir ihn also wieder, den Kamen von DIE HARD & Co. Er versteckt hier gut viele der Themen/Motive seiner Partitur: die von den Cello angespielte Einleitung zum Hauptthema, kurze Varianten von eben diesem (einmal die Bässe, hie und da das Blech), spannend-dramatische Streicherfiguren (nach ca. 5 Min.), Kamens typische Actionklaue, kurz etwas Ruhe und Suspense eingestreut. Schade gibt es keine allumfassende Endtitelmusik (den Platz nahm eben Bryan Adams ein), das wäre die perfekte Abrundung gewesen. So endet der Score mit Sean Connerys Auftauchen als Richard Löwenherz und dem zugehörigen „Reunited and Finale“, wenigstens findet der Komponist kurz noch einmal Platz für das Hauptthema.
Wenn eine Kamen Musik von einer luxuriösen Veröffentlichung profitiert, dann ist es ohne Umschweife PRINCE OF THIEVES (Die 63 Minuten von CD 1 sind allerdings abwechslungsreicher als die abschliessenden 47 Minuten von CD 2, das sei hier nicht unterschlagen). Wer denn also geflissentlich einen Bogen (no pun intended, heisst es doch so schön) um die langen DIE HARD um THE LAST BOYSCOUT machte, der sollte hier nun wirklich zuschlagen. Es lohnt sich. Unterhaltsame, beschwingte zwei Stunden Musik – plus die obligaten Extras und alternates – sind garantiert, denn dankenswerterweise ist Kamens Komposition pfiffiger als Kevin Costners Robin Hood und weniger „zerschnitten“ als sie im Film ertönt. Also: Pfeile in den Köcher und Strumpfhose stramm gezogen.
Phil, 13.2.2018
ROBIN HOOD – PRINCE OF THIEVES Michael Kamen La-La Land Records CD 1: 63 Min. / 16 Tracks CD 2: 71 Min. / 21 Tracks