Hans Zimmer und Sir Ridley Scott galten spätestens mit Gladiator (2000) als Dream-Team. Doch mit Matchstick Men endete ihre Zusammenarbeit (vorübergehend) – ohne, dass gross Gründe dazu bekannt wurden. An die Stelle Zimmers rückte für Kingdom of Heaven (2005) sein Protegé Harry Gregson-Williams, welcher mit epischen Stoffen nicht gänzlich unerfahren war und lieferte einen seiner (bis dato) besten Scores. Doch diese Zusammenarbeit währte nicht lange und seit A Good Year (2006), komponiert Marc Streitenfeld die Musik für Scott.
Weder mit A Good Year, noch mit American Gangster (2007) und Body of Lies (2008) vermochte Streitenfeld nachhaltige Musik vorzulegen – jedoch stets funktionale. Umso lauter wurde das erstaunte Raunen, dass ein Regisseur wie Ridley Scott mit einem ‚Noname’ wie Marc Streitenfeld wiederholt zusammenarbeitet. Mit Robin Hood hofften viele auf die Rückkehr Zimmers, doch Pustekuchen. Streitenfeld wurde auch für Scotts jüngstes Projekt verpflichtet und die Skepsis in den Filmmusikkreisen war aufgrund des bisherigen outputs des Komponisten gerechtfertigt. Doch Streitenfeld lässt für Robin Hood etwas von seiner gar subtilen Note ab und liefert eine ordentlich überzeugende, wenn auch repetitive und wenig nuancierte Filmmusik.
Schon die Thematik und die Aufmachung des Films erinnern an etliche frühere Werke – wenn auch am wenigsten an frühere Robin Hood-Verfilmungen. Die Landung der Franzosen lässt Saving Privat Ryan (1998) in Erinnerung springen, die Wald-und-Wiesen-Szenen weisen Reminiszenzen an Kingdom of Heaven (2005) bis The Last of the Mohicans (1992) auf. Von solchen Reminiszenzen ist auch der Score von Streitenfeld nicht gefeit. Zum einen weisen die Stücke „Planting the Fields“ und „Merry Men“ klare Parallelen zu „The Kiss“ aus The Last of the Mohicans auf. Doch hier cachiert Streitenfeld noch ordentlich geschickt. Nicht behaupten kann man das vom blanken Rip-Off des „Arrival to Earth“-Themas aus Steve Jablonskys Musik zu Transformers (2007). Das Thema funktioniert an sich recht gut und ist auch anders orchstriert als dies Jablonsky tat, doch räumt Streitenfeld diesem Thema zu viel Platz in seiner Musik zu Robin Hood ein, als dass man ungestört darüber hinweg schauen könnte.
Diese zwei relativ starken (Temp-Track-verschuldeten) Anlehnungen trüben dann auch den Hörspass ordentlich. Eine dritte, wenn auch nur sehr kurze und amüsante Anlehnung – evtl. fast schon einen Hommage – erklingt in „Preparing for Battle“ ab 1:03, wo die Frauenstimme mit klar an die Stimmführung aus Ennio Morricones heisser Nummer „The Ecstasy of Gold“ aus The Good, the Bad and the Ugly (1966) erinnert (evtl. auch ein TempTrack-Hinweis?). Überhaupt glaubt man im Aufbau des Stückes „Preparing for Battle“ Strukturanlehnungen an die legendären „Revenge“-Tracks aus James Horners Legend of the Falls (1994) und Braveheart (1995) zu hören.
Abgesehen von diesen mal mehr mal minder starken nods zu Arbeitskollegen (oder gerade wegen?), vermag die Musik zu Robin Hood jedoch ganz ordentlich zu unterhalten.
Streitenfeld fährt mit dem Klangkörper eines Sinfonie-Orchesters auf und ergänzt diesen mit allerhand mittelalterlich verwurzelten Instrumenten und einem Chor. Zudem verzichtet er gänzlich auf dominierende Elektronik, was dem Score ebenfalls sehr zugute kommt und aufgrund der thematischen Verankerung des Filmthemas auch Sinn macht (wobei man diese als massgebend für die Orchestrierung ja nicht mehr anführen darf, hat doch schon Harry Gregson-Williams jüngst mit Prince of Persia (2010) trotz Thematik und Zeitepoche die Finger nicht von der Elektronik lassen können).
Das Stück „Destiny“ eröffnet gleich mit mehreren thematischen Ideen. Als erstes das etwas hinterlistig-bedrohlich klingende Horn-Thema für (wahrscheinlich) den Namensgebenden Robin Hood. Dann folgt ein Actionmotiv mit schnellen Streichern und Perkussion, basierend auf dem vorangegangenen (Robin Hood-)Thema, welches eine edlere Note vorweisst. Aufgrund des Namens des Stückes macht eine solche Entwicklung also Vorbote für die hier erzählte Geschichte absolut Sinn. „Creatures“ präsentiert eine zweite thematische Idee, welche die ‚Kreaturen’ des Waldes beschreibt. Diese bleiben während des ganzen Films hindurch undurchsichtig. In „Fate has Smiled Upon Us“ wird dann das erwähnte, noble „Arrival to Earth“-Statment eingeführt – ein Siegesmotiv.
Das thematische Material für „Godfrey“ bewegt sich relativ nahe am „Creatures“-Thema, doch ist es kraftvoller. Für die komödiantischeren und romantischen Passagen komponierte Streitenfield verspielteres Material, zum ersten Mal zu hören in „Planting the Fields“. Was dem Score wirklich fehlt ist ein klares Liebesthema für die Romanze zwischen Robin und Marian (was in Robin Hood: Prince of Thieves zuviel des Guten war, fehlt hier beinahe gänzlich) – der zweite Teil von „Planting the Fields“ weisst Liebesthema-Charakter auf, doch wird dieser Musik zuwenig Platz eingeräumt.
Damit wären die thematischen Hauptideen aufgeführt. Diese lässt Streitenfeld mal öfters, mal weniger oft über die gesamte Partitur erklingen, was dann mit der Zeit den repetitiven Charakter ausmacht und aufgrund fehlender Gesamtverbindung der musikalischen Ideen und Strukturen etwas unruhig und sprunghaft daherkommt.
Fazit: Die Musik von Marc Streitenfeld zu Robin Hood ist weder die erwartete Enttäuschung geworden, noch vermag sie die Skeptiker wohl gänzlich zu gewinnen. Sie bietet einige eingängige Ideen, vermag diese jedoch kaum zu einem wirklich stimmigen Ganzen zu verweben.
ROBIN HOOD Marc Streitenfeld Varèse Sarabande 51:27 Min. / 22 Tracks
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