Robin and Marian

Review aus The Film Music Journal No. 28, 2002

Die Filmgeschichte ist reich an Produktionen, die erst nach einigem Hin und Her ihre endgültige musikalische Form erhielten. Dass ROBIN AND MARIAN (1976) auch in diese Kategorie fällt, ist vielleicht nicht allgemein bekannt. Regisseur Richard Lester entschied sich für Michel Legrand, da dieser sich bei seinen THREE MUSKETEERS als auf historischem Gebiet kompetent erwiesen hatte. Der Franzose lieferte eine reine Streichermusik, die Lester gefiel, nicht aber Produzent Ray Stark. Der klopfte darauf bei einem anderen Franzosen an, aber Maurice Jarre lehnte dankend ab, zum einen wegen der knappen Zeit, zum anderen aus Solidarität zu seinem Landsmann.

So kam schliesslich John Barry ins Spiel, der seinerseits auch schon für Lester gearbeitet hatte. Und der Engländer schuf einen Score, der in Anbetracht der Tatsache, dass nur drei Wochen Zeit blieben, mehr als respektabel ist; ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass gerade diese Arbeit eine seiner schönsten und gefühlvollsten ist und zusammen mit all den wunderbaren Darstellern viel dazu beiträgt, dass der Film zum eigenwilligsten Beitrag der Robin-Hood-Legende geworden ist.

Für einmal haben die für den Komponisten so typischen, breit dahinfliessenden Streicher ihre volle Berechtigung. Einerseits passen sie – welch herrliches Liebesthema – zur wieder aufflammenden Romanze von Robin und Marian, andererseits unterstreichen sie die Stimmung des Films; sie vertiefen die Wehmut, mit der man das Schicksal der vertrauten Recken mitvefolgt, die wesentlich mehr mit den Gebrechen des Alters zu kämpfen haben als mit ihren ewigen Widersachern. Zudem tragen die vielen pastoral aufspielenden Holzbläser den topografischen Gegebenheiten der englischen Schauplätze Rechnung.

Daneben gibt es einige Action- und Kampfszenen, die dann mehr Sache von Schlagzeug und Blech sind, und spätestens hier ist noch ein weiterer Beteiligter zu erwähnen. Da die Produzenten auch mit Barrys Beitrag nicht restlos glücklich waren, holten sie zusätzlich Richard Shores (ein TV-Komponist, mir unbekannt) an Bord, um ebendiesen Sequenzen den letzten Schliff zu geben. Dass er nicht zum Koch wurde, der den Brei verdirbt, zeugt von Feingefühl und Sachverstand.

Die Musik zu ROBIN AND MARIAN wurde offiziell nie veröffentlicht, aber es war eine sehr gesuchte Promo im Umlauf. Diese Neuaufnahme des gesamten Scores dürfte somit mancherorts Begeisterung auslösen. Nic Raine und den oft kritisierten Prager Philharmonikern scheint diese Art von Musik zu liegen, denn ihnen darf eine allgemein wohlklingende Interpretation von ROBIN AND MARIAN bescheinigt werden. Dies verdeutlicht sich vor allem in den ruhigen Passagen, die letztlich den Score so reizvoll machen und eigentlich jedes hoffnungslos romantische Herz im Sturm erobern müssten.

Andi  |  2002

ROBIN AND MARIAN
John Barry
Silva Screen
45:06 | 15 Tracks