Richard Wagner

Review aus The Film Music Journal No. 16, 1998

Als man 1913 zum hundertsten Geburtstag des Komponisten Richard Wagner einen ambitionierten Stummfilm drehte, unterlag man bereits den Gesetzen des Urheberrechts, und denen zufolge war der Komponist noch nicht lange genug verstorben, um seine Musik in öffentlichen Besitz übergehen zu lassen. Die Erben hingegen verlangten eine derart astronomische Summe, daß Giuseppe Becce, nicht nur ein guter Komponist, sondern später auch Autor einer «Kinobibliothek», aus der sich Stummfilmmusiker ihr passendes Repertoire nach «Situationen» zusammenstellen konnten, kein Arrangement wagnerscher Kompositionen vorlegen konnte; und einfach irgendetwas zu komponieren hielt er wohl auch für pietätlos.

So kam es zur «Wagner-Vermeidungsmusik», die sich aus sonstigen Klassikern ein bald derbkomisches, bald geschickt montiertes Eldorado salonorchestrierter Kleinkunst schuf. In einer für den Norddeutschen Rundfunk produzierten Aufnahme spielen gute Solisten: zum Streichquintett gesellen sich eine Klarinette, ein Klavier, das Harmonium und Schlagzeug. Nicht jeder wird die klassischen Kompositionen (wiederer)kennen, und so hätte man im Booklet gern eine genaue Übersicht der verwendeten Stücke erhalten.

Becce sah seine Aufgabe nicht als Reminiszenzenjägerei, doch ohne den Film wirken die Stücke einfach nur kurios, speziell die überdeutlich an Wagners Fliegender Holländer-Ouvertüre entlangschrammende Musik zur Meeresüberfahrt (Track 7 auf CD1). Wer aber auch sonst Freude an Parodien oder Salonmusik allgemein hat, liegt mit der günstig verkauften Doppel-CD sicher nicht falsch.

Matthias  |  1998

RICHARD WAGNER
Giuseppe Becce
Koch
2 CD: 97:39 | 18 Tracks