The Postman Always Rings Twice

James M. Cains Erotik-Krimi The Postman Always Rings Twicewurde 1934 zum sofortigen Literatur-Bestseller. In der Blütezeit des Film Noir entstanden zwei klassische Leinwand-Adaptionen, zum einen 1943 mit Ossessione eine italienische Verfilmung, mit der Luchino Visconti seinen Regie-Einstand feierte, zum anderen 1946 eine Hollywood-Version unter dem originalen Romantitel und mit Lana Turner und John Garfield in den Hauptrollen. 1981 schliesslich entstand unter der Regie von Bob Rafelson ein Remake, das in erster Linie wegen der Spekulationen, ob es Jack Nicholson und Jessica Lange während ihrer heissen Sexszene auf dem Küchentisch tatsächlich miteinander getrieben haben, für Schlagzeilen sorgte.

Dass für diesen Stoff mit Michael Small ein Mann verpflichtet wurde, der sich bis anhin vor allem als Spezialist für zeitgenössische Paranoia-Streifen einen Namen gemacht hatte, lag nicht gerade auf der Hand, und tatsächlich bekundete der Komponist zunächst Mühe, sich in die amerikanische Depressionszeit und damit für ihn technisch gesehen musikalisches Neuland heranzutasten, ging dann aber, als er dieses erschlossen hatte, umso motivierter zu Werke. Er sah im Film mehr als nur Erotik, sondern eine dunkle und romantische Geschichte von opernhafter Tragik, mit einsamen Figuren, die sich nur im Sex wirklich auszudrücken vermögen.

Die Umsetzung dieser Sichtweise erfolgt durch nächtliche und pastorale Stimmungen, mit verschwörerischen Holzbläsern, fiebrigen Streichern und einem Cimbalom, das zur Verstärkung des Suspense dient. Blech kommt zwar zum Einsatz, spielt jedoch eine untergeordnete Rolle. Die allgegenwärtige Sinnlichkeit ist, da oft gepaart mit Gefühlen von Isolation oder Misstrauen, selten im Wohlfühlbereich angesiedelt.

Thematisch gibt sich der Score genügsam. Alles dreht sich um Crime Motif und Love Theme. Letzteres hat in Kitchen Love seinen bedeutendsten Auftritt, wo es analog dem Liebespaar leidenschaftlich dem Höhepunkt entgegentreibt. Dieser Cue war denn auch für Rafelson der Schlüssel zum ganzen Score, und ihn wollte er als erstes hören. Was für einen guten Job Small gemacht hat beweist auch die Tatsache, dass die Zensurbehörde den Film mit Musik milder einstufte als ohne.

Im Bonusteil findet man nebst zwei von Small bearbeiteten Opern-Arien und Alternates auch die Album-Versionen dreier Tracks. Offenbar war also eine Veröffentlichung des Scores geplant, die aber ‒ wohl wie üblich, wenn ein Film nicht den gewünschten Erfolg hat ‒ gestrichen wurde.

Der atmosphärisch dichte The Postman Always Rings Twice gehört zu den aussergewöhnlichsten Neo-Noir-Scores. Obwohl er für den Komponisten alles andere als «business as usual» bedeutete und man da und dort ein wenig John Williams oder Bernard Herrmann verspürt, trägt er doch deutlich seine Handschrift, und für Small persönlich gehört er zu seinen fünf besten Filmmusiken. Dem kann ich schwerlich widersprechen.

Andi, 29.5.2010

 

THE POSTMAN AYWAYS RINGS TWICE

Michael Small

Intrada Special Collection
Volume 197

60:20 Min. / 27 Tracks

Limitiert

 

 

 

 

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