Point Blank / The Outfit

Review aus The Film Music Journal No. 29, 2002

Sieben Mal wurden bisher Romane aus der Parker-Reihe von Richard Stark verfilmt, wobei aus rechtlichen Gründen der Hauptcharakter jedes Mal andere Namen tragen musste. Der erste dieser Filme war Made in the USA von Godard, der, eigenwillig wie immer, Anna Karina die Hauptrolle spielen liess; die jüngste Adaption ist PAYBACK mit Mel Gibson, und das ist nichts anderes als ein Remake von POINT BLANK.

Für John Boormans Original von 1967 schrieb Johnny Mandel eine zumeist atonale Zwölftonmusik, und er experimentierte mit elektronischen Effekten, einer befremdlichen Frauen-Vokalise und Aufnahmetechniken. Bei der ersten Konfrontation mit seinem Score vermag man kaum Bezugspunkte herauszufiltern, aber bei jedem Durchören treten neue Finessen zutage, und man gerät unweigerlich — so erging es jedenfalls mir — in den Bannkreis dieser ganz eigenen Klänge. Lee Marvins Rachefeldzug gegen seinen Partner John Vernon, der ihn nach dem grossen Coup des Anteils, der Frau und beinahe des Lebens beraubt, beschreibt Mandel als einen Akt von tranceartiger Besessenheit, indem er seine Musik mit einer Aura des Irrealen umschliesst. Selten kommt es zu aggressiven Ausbrüchen. Ein Liebesthema —kühl und warm zugleich — scheint aus besseren Zeiten herüberzuwehen. Die dazwischengeschobenen Source-Tracks holen einen dann wieder in die Wirklichkeit zurück, was vielleicht gar nicht schlecht ist, sonst könnte es zu monoton werden. Aber wenn man da und dort erwartet, dass nun jeden Moment Frank Sinatra zu singen anfängt, dann ist das nicht unbedingt das, was man in einem harten Thriller hören möchte.

Nicht minder hart ist THE OUTFIT (1974). Robert Duvall nimmt —kaum aus dem Knast entlassen — zusammen mit Jon Don Baker und Karen Klack den Kampf gegen das Syndikat von Robert Ryan auf. Jerry Fieldings Score weist auf der CD gegenüber der Filmfassung zum Teil prägnante Unterschiede auf, da er alternative und nicht verwendete Cues präsentiert. Das fängt schon beim Haupttitel an. Von diesem wurden mehrere Versionen aufgenommen, und während man sich letztlich für ein nicht von Fielding geschriebenes Mundharmonikasolo entschied, ist auf der CD Quentin Blue vertreten. Das ist der erste von drei Vokaltracks, und wie die beiden anderen hat er es nur instrumental in den Film geschafft. Zu Country-Klängen gesellt sich der damals so hippe, von der elektrischen Orgel geprägte Jazzfunk sowie ein aus dem abgelehnten GETAWAY Score wiederverwertetes Gitarrenthema. Für eine kleine Überraschung sorgen, weil eher selten zu hören im Hollywoodkino, die an einigen Stellen eingesetzten Blockflöten, die aber leider im Film grösstenteils fehlen. Ein wenig enttäuschend sind die dramatischen Parts, denn für diese betreibt der Komponist für meinen Geschmack ein wenig zu viel Eigenklan à la SCORPIO und THE MECHANIC. Aus diesem Grund und auch wegen dem etwas kuriosen Stil-Mischmasch gehört THE OUTFIT mit Sicherheit nicht zu Fieldings Spitzenwerken, ist aber trotzdem weit entfernt von standardisierter 08/15- Musik.

Andi  |  2002

 

POINT BLANK / THE OUTFIT

Johnny Mandel, Jerry Fielding

Film Score Monthly

77:54 | 29 Tracks