Phils komprimierte 40

Vergeht die Zeit immer schneller und schneller oder liegt es an mir, wenn dieser Eindruck mich beschleicht? Hat Superman also doch an der Erdumdrehung geschraubt? Nein, ich werde einfach älter und da ist dieses Geschwindigkeitsphänomen eine bekannte Nebenerscheinung. Jedenfalls sind wir bereits bei Ausgabe 40 von „Phil’s komprimierte…“ ohne die sechs Ausgaben von Zoom dazu zu zählen, die indes das gleiche Konzept hatten: kurz und knapp über einige neue und weniger neue Filme zu berichten, wenn möglich, wenn auch nicht immer, mit einem Ohr zur Filmmusik.

 

Dass Jessica Chastain ihren ebenfalls rothaarigen (und auch anders gefärbten) Kolleginnen wie Bryce Dallas Howard und Amy Adams in nichts nachsteht, wissen wir nicht zuletzt seit ZERO DARK THIRTY. Vielleicht hat sie nicht die grossen Blockbuster ergattert, dafür kann sie mit richtigen guten Frauentypen auftrumpfen wie die der einstigen Buckelpisten-Skirennfahrerin und Pokerspielorganisatorin Molly Bloom in MOLLY’S GAME. Diese sogenannte true story ist besser als das reisserische Kinoplakat, mit dem der Film eher unglücklich vermarktet wurde, ist es doch tatsächlich ein kleiner Geheimtipp des einstigen Drehbuchautors (A FEW GOOD MEN) Aaron Sorkin. MOLLY’S GAME ist sein Erstling als Regisseur. Schade ging der Film in den Kinos fast unter mit 50 Mio. Einspiel weltweit, ist er doch inhaltlich um einiges besser als so manches was als Boxoffice-Grossproduktion herumschwirrt. Also, kann man sich gut ansehen, MOLLY’S GAME und auf der Haben Seite seien auch noch der gute Idris Elba als Mollys Anwalt und Kevin Costner in einer kleinen Nebenrolle erwähnt.
Daniel Pemberton hat einen kleinen, feinen Score komponiert, von dem im Film vor allem das Hauptthema am deutlichsten in Erscheinung tritt, ansonsten muss die Filmmusik gegen einige Songs ankämpfen. Eine Score-CD ist bei Sony erschienen.
Erscheinungsdatum: 18.7.2018 (Ascot Elite)

 

ALL THE MONEY IN THE WORLD von Ridley Scott ist ein sehr zwiespältiger Film, was alleine daran liegt, dass man Kevin Spacey in der Rolle des stinkreichen aber geizigen Getty gefeuert hat, als die #metoo Welle ins Rollen kam. Weder der Regisseur noch das Studio stellten sich hinter Spacey und gaben sich der Empörungswelle hin. Spacey wurde schlicht und einfach geopfert und im Regen stehen gelassen. Ihn ersetzte ein sichtlich gealterter aber nicht schlechter Christopher Plummer, der in diesem Thriller durchaus besteht, doch krankt der Film an zu vielen Stellen, als dass er den Höhepunkten in Scotts langer Karriere das Wasser reichen kann. So haben wir eine weitere „so war es“ Geschichte (über einen entführten jungen Erwachsenen, dessen stinkreicher Onkel keinen Heller für seine Freilassung ausgeben will – wo schliesslich ist daran was zu verdienen, wie der Onkel meint), die aber recht lauwarm und erstaunlich stimmungslos rüberkommt, ein loses Alterswerk des Briten, der uns BLADE RUNNER und ALIEN bescherte und zu letzt nicht mehr so richtig in Gang gekommen ist, auch nicht mit seinen Pre-ALIEN Werken.
Und wieder durfte Daniel Pemberton ran und wieder ist es Sony Music, die dem Score grosszügig Raum geboten haben. Seine Titelmusik über Bildern von Rom fällt besonders auf, fast meint man Ennio Morricone selber hätte hier in die Tasten gehauen. Insgesamt eine gute Musik, die auch wieder Platz für Experimente lässt, wie es Pemberton durchaus gerne macht.
Erscheinungsdatum: 28.6.2018 (Impuls)

 

Verkrampft und wenig lustig, so könnte man THE DEATH OF STALIN von Armando Iannucci beschreiben, dabei versucht der Film immer wieder witzig und sarkastisch zu sein, scheitert aber fast auf der ganzen Linie. Daran können auch gestandene Mimen wie Steve Buscemi, Jason Isaacs, Jeffrey Tambor und Michael Palin nicht viel ändern – umso mehr erstaunen die teils überschwänglichen Kritiken, die der Film da und dort erhalten hat, während auf dem Plakat über den Köpfen der Charaktere „von den Produzenten von Intouchables & C’est la vie“ prangt. Vorschusslorbeeren? Ja, im Falle von THE DEATH OF STALIN tatsächlich. Schade, ein Film auf den ich mich wirklich gefreut habe und damals, als Kinozeit war, der negativen Kritik im Radio fast nicht glauben konnte – oder wollte. Doch irgendwie erreichte mich die satirische Note dieses Films nicht so recht, vielleicht wäre ein ernsthafterer Umgang mit dem Stoff tatsächlich die bessere Idee gewesen?

Für die Musik ist der junge, in England aufgewachsene und ausgebildete Christopher Willis besorgt gewesen, dessen Schaffen mir bisher nicht bekannt war. Der Score ist mit das beste dieser Politsatire, schwer, ernsthaft, auf den Pfaden jener sowjetrussischer Komponisten schreitend, die damals für die explizit gestrengen Klänge eines düsteren Reichs verantwortlich zeichneten.
Erscheinungsdatum: 8.8.2018 (Ascot Elite)

 

Nach dem überraschend erfrischenden PACIFIC RIM durfte man gespannt sein, ob die Macher die frische Brise auch in PACIFIC RIM: UPRISING würden entfachen können. Doch leider ist das wie so oft bei Sequels nicht der Fall. Dem zweiten teil geht schnell die Luft aus. Weniger ist mehr ist bei zweiten Teil selten der Fall, so auch hier, obwohl das Budget kleiner war als beim Vorgänger, das schlug sich auch in der Originalität der Story nieder. Die fiesen Tiefseebrüter schlagen zurück und lassen sich dabei von verräterischen Menschen helfen – und so müssen die Riesenkampfroboter wieder ran. Dabei stürzen wieder massig Grossstadtbauten ein und fast wird den Beschützern der Garaus gemacht. Naja, klingt alles etwas schwammig – und das ist es auch. Richtig packen kann der Film nicht, die erwähnte Frische ist futsch, die Protagonisten nervige Rotzlöffel und eindimensionale Helden. PACIFIC RIM: UPRISING ähnelt mehr und mehr der üblen TRANSFORMER Filmreihe. Auch das Kinopublikum war eindeutig kritischer, an die über 400 Millionen Einspiel kam Teil 2 nicht mehr heran, war aber doch erfolgreich genug und ein dritter teil ist zu befürchten.
Erscheinungsdatum: 26.7.2018 (Universal)

 

OPERATION FINALE erzählt von der Gefangennahme des Nazischergen Adolf Eichmanns in Argentinien durch israelische Agenten. Als Eichmann agiert Ben Kingsley, der die Mimik, wenn man sich die schwarz-weiss Aufnahmen des Gerichtsverfahrens anschaut, gut beobachtet und eingesetzt hat. Allerdings sieht man Kingsley das fortgeschrittene Alter doch mehr an, als den Filmemachern wohl lieb war, insbesondere in den Rückblenden. Oscar Isaacs spielt Peter Marlik, der Eichmann überwältigte und schliesslich dazu beitrug, dass er von El Al nach Israel ausgeflogen wurde. Beide Rollen kommen sehr gut rüber, zwei gute Schauspieler in einem guten Film, dem hie und da mit etwas Suspense zusätzlich Tempo verliehen wurde, es wäre nicht unbedingt nötig gewesen. Der Film von Chris Weitz (ABOUT A BOY und THE GOLDEN COMPASS) ist zwar kein überragendes, aber doch sehr gelungenes Kino und Zeitdokument. Im Moment ist OPERATION FINALE bei uns nur auf Netflix zu sehen, wann der von MGM veröffentlichte Streifen auch auf bluray erscheint, ist noch unbekannt.
Die Musik stammt von Alexandre Desplat, der gerade in den spannenden Abschnitten des Films aber auch mit den von einem Chor gesungenen Passagen für Aufhören sorgt. Basil Böhni rezensierte die CD eben erst bei uns. In Anbetracht des Zusammenspiels Musik und Film hätte ich wohl ein halbes Sternchen mehr für den Score gezückt.
Erscheinungsdatum: Oktober (Netflix)