Review aus The Film Music Journal No. 26/27, 2001
Ein neuer Name in der Gemeinde, jedenfalls als Komponist. Der bislang vornehmlich durch seine Instrumentierungseinsätze (für John Williams und andere Größen) aufgefallene Conrad Pope wird es zwar nicht zum Papst der Filmmusik bringen, doch ist sein Score zu PAVILION OF WOMEN aller Ehren wert. William Dafoe spielt die Hauptrolle in der neuesten Auflage jenes Dramas «Orient meets Okzident», das vor allem in den fünfziger Jahren zu etlichen Liebes-/Kriegsspektakeln geführt hat. Zumeist begibt sich ein Abenteurer oder Soldat nach Japan, China oder sonst ein Land des Fernen Ostens, um dort die Liebe des Lebens zu treffen. Dies wird jedoch nach westlichen Inszenierungskonventionen dargestellt, so daß unterschwellig auch die entsprechenden Empfindungsnormen wirksam bleiben.
Einen Komponisten hat das noch jedesmal vor große Probleme gestellt, erwartet doch der Produzent, daß auch auf der Musikspur eine Begegnung zwischen fremden Kulturen stattfindet, ohne das Popcornpublikum zu verschrecken. Für die Verfilmung eines Romans von Pearl S. Buck hat Conrad Pope eine konventionelle Lösung auf hohem Niveau angestrebt, die weniger das Fremde als das Vertraute betont. Er ließ ein kleines Ensemble chinesischer Musiker verpflichten und verknüpfte deren herausstechendes Kolorit mit abendländischen Satztechniken und Formmodellen, die er selbst im Booklet mit metaphorisch gemeinten Begriffen wie «symphonisch» bzw. «opernhaft» umrissen hat. Natürlich führt das zu der Konsequenz, daß die chinesischen Klänge letztlich doch in ein bestehendes Gewebe eingebunden werden, anstatt eine musikalische Eigenständigkeit zu entwickeln. Dem wäre freilich entgegenzuhalten, daß es in China längst eine symphonische Tradition gibt, die von westlichen Standards nur bedingt zu unterscheiden ist (und deren Repräsentanten auf dem bekannten CD-Label Marco Polo mit konzertanten Werken untergekommen sind).
Außerdem übernimmt Pope das zunächst von chinesischen Instrumenten gespielte Motivmaterial auch ins große Orchester und entfaltet es dort in prächtigen Aufschwüngen. Am Ende zählt das Ergebnis, und das ist hier wirklich bemerkenswert, denn Popes streicherdominierter, klangfarblich weltgefächerter Tonsaz berauscht sich fast an der eigenen Sinnlichkeit. Im Melos badend, mit dionysischen Chorvokalisen für Emphase sorgend, wechseln lyrische Dialoge zwischen einzelnen Orchestergruppen mit überladenen Tutti-Abschnitten. Bis zur Mitte der CD ist das Pathospendel längst so weit ausgeschwungen, daß sieh eine berühmte Arie aus Puccinis «Madame Butterfly» bestens einfügt, anstatt, wie in anderen Fällen, als Fremdkörper zu stören.
PAVILION OF WOMEN, das ist mollbetonte, kraftvolle Hollywoodmusik, wie sie in dieser Intensität derzeit selten ist. Ein Dank an Philippe für diesen Tip!
Matthias | 2001
PAVILION OF WOMEN
Conrad Pope
Varèse Sarabande
52:29 | 22 Tracks