Munster, Go Home

Während zwei Staffeln mit rund 70 Episoden trieben die MUNSTERS von 1964 bis 1966 ihr Comedy-Unwesen. Dabei griffen die Macher auf die klassischen Universal-Filmmonster der 1930er- und 1940er-Jahre zurück. So ist Familienoberhaupt Herman (Fred Gwynne), der in einem Bestattungsunternehmen arbeitet, aber auch anderen Beschäftigungen nachgeht, Frankensteins Monster nachempfunden, bei seiner Gattin Lily (Yvonne De Carlo) sowie deren Vater Grandpa (Al Lewis), der gerne in seinem Kellerlabor allerlei Zaubermittelchen zusammenmischt, handelt es sich um Vampire, während Sohnemann Eddie (Butch Patrick) die Züge eines Werwolfs aufweist. Lediglich die attraktive, blonde Nichte Marilyn (erst Beverley Owen, dann Pat Priest) schlägt aus der Art und ist das schwarze Schaf der Familie. Als kuscheliges Haustier halten sich die Munsters den feuerspeienden Drachen Spot.

Obwohl durchgehend vorzüglich besetzt, bleibt die Fernsehserie doch in erster Linie dank Fred Gwynne als gutmütiger und tollpatschiger Herman, der nicht verstehen kann, warum die Menschen bei seinem Anblick erschrecken und panisch die Flucht ergreifen, in bester Erinnerung. Es war die Rolle des Lebens für den hünenhaften, bloss 66-jährig an Krebs verstorbenen Schauspieler, auch wenn er gegen Ende seiner Karriere noch ein paar denkwürdige Nebenrollen in Filmen wie PET SEMATARY (1989) oder MY COUSIN VINNY (1992) spielen durfte.

Auch für den in El Dorado geborenen und bereits mit 52 Jahren verstorbenen Jack Marshall waren THE MUNSTERS der Karrierehöhepunkt. Marshall, der sich seine filmmusikalischen Sporen als Gitarrist im MGM-Studio-Orchester abverdiente, wo er unter anderem bei Scores von Miklós Rózsa, Bronislau Kaper, David Raksin und André Previn mitwirkte, trat ab Ende der 1950er-Jahre als Komponist in Erscheinung, der bekannteste Film in dieser Frühphase dürfte THUNDER ROAD mit Robert Mitchum sein.

Mit seinem MUNSTER-Titelthema schrieb Marshall Fernsehmusik-Geschichte. Man findet auf youtube viele Cover-Versionen, auch solche von Amateur-Formationen wie beispielsweise Mädchen-Bands, woraus man schliessen kann, dass sich das Thema nach wie vor bei allen Altersklassen grosser Beliebtheit erfreut. In der 1. Season ist es etwas behäbiger und schräger (es dominieren Orgel, Bassgitarre und Tuba), während die überarbeitete Version für die 2. Season die bekanntere sein dürfte. Hier wird die Bassgitarre durch eine normale E-Gitarre ersetzt, die gemeinsam mit den Trompeten das Kommando übernimmt und für rockig-flockige Gruselatmosphäre sorgt.

MUNSTER, GO HOME wurde parallel zu den letzten Episoden der TV-Serie fürs Kino produziert und im Gegensatz zur Serie in Farbe gedreht. Mit Ausnahme von Marilyn, die abermals umbesetzt wurde (diesmal mit der zu jener Zeit angesagten, jungen Debbie Watson, um auch Teenager für den Film zu gewinnen), sind die Stammschauspieler alle mit dabei, zu ihnen gesellen sich Charakterdarsteller wie Terry-Thomas, Hermione Gingold, John Carradine und Bernard Fox. Natürlich ist auch Jack Marshall mit von der Partie, der hier ein grösseres Orchester zur Verfügung hatte als bei der Serie.

Als Herman von einem verstorbenen englischen Onkel den Titel «Lord Munster» sowie den Familiensitz «Munster Hall» erbt, fährt er mit seinen Liebsten über den grossen Teich, wird aber von den versnobten Verwandten – die zumindest äusserlich keine Monster sind – feindselig empfangen; insbesondere Freddie Munster (Terry-Thomas), der sich selbst als legitimer Empfänger der Erbschaft betrachtet, ist alles andere als amused. Als Herman an einem Autorennen teilnimmt, sieht Freddie die Gelegenheit, ihn unauffällig aus dem Weg zu räumen.

Der Spielfilm bot Marshall die Gelegenheit, sein Titelthema weiter zu entwickeln und variationsreich zu präsentieren, und auch wenn in dessen Zusammenhang die Gitarren wie schon in den TV-Versionen eine grosse Rolle spielen, ist es doch in deren vertrauten Arrangements nie zu hören. Als eine Art Begleitthema wird ihm das oft für klassische Monstermusik light zuständige Munster-Hall-Thema zur Seite gestellt, das denn auch den Film mit Bassgitarre und Blechbläsern, die sich Danny Elfman zum Vorbild genommen haben könnte, eröffnet und den Zuschauer/Hörer sogleich in die richtige Stimmung versetzt. Etwas Romantik bringt das hübsche Liebesthema für Marilyn und den Auto-Narren Roger Moresby (Robert Pine) ein.

Spannung, sinistre Kirchenorgelklänge, Betrunkenen-Musik, bewährte Comedy-Elemente wie das spöttische «wah-wah» gestopfter Posaunen, Momente von Sorglosigkeit und Slapstick sowie kurze Zitate bekannter Melodien wie «Rule Britannia», «Good Night, Ladies», «Rock-a-bye Baby» und «Jingle Bells» sind weitere Ingredienzien dieses sympathischen und kurzweiligen Scores.

Höhepunkt des Films ist das Autorennen, und weil gleichzeitig dazu Lily und Grandpa mal hoch zu Ross, mal im Motorrad mit Seitenwagen unterwegs sind, um Herman zu warnen, und zufällig auch noch eine Fuchsjagd im Gange ist, zündet Marshall über mehrere Tracks hinweg mit Orchester, Rockgitarre, Jagdhörnern und stummfilmartigen Klavierklängen ein immer wieder von humorvollen Momenten durchbrochenes Actionfeuerwerk, das so richtig fegt. La La-Lands limitierte Veröffentlichung innerhalb ihrer «Universal Pictures Film Music Classics Collection» wartet nebst tollem Klang mit einem liebevoll gestalteten Booklet und fast schon überinformativen Liner Notes von Jeff Bond auf. Eine willkommene Überraschung für alle MUNSTERS-Fans da draussen.

Andi 31.10.2020

 

MUNSTER, GO HOME

Jack Marshall

La-La Land Records LLLCD 1539

59 Min.
23 Tracks

Limitiert auf 3000 Stk.