Review aus The Film Music Journal No. 30, 2003
Die gedehnte Zeitspanne zwischen Ankündigung und Lieferung der CD erhöhte die Spannung und Vorfreude auf gerade diese Sarde-Komposition. Warum eigentlich? MORT D’UN POURRI (1977) ziert keine Wunsch- und Lieblingslisten, einen Kultfilmbonus gibt es nicht. Und doch ist dieses pessimistische Schauspiel etwas sehr Besonderes.
Georges Lautners MORT D’UN POURRI gehört zum Genre des Politthrillers, in den siebziger Jahren allgegenwärtig. Den Aufhänger liefert der Totschlag eines Pariser Abgeordneten durch seinen Kollegen. Der Täter Philippe stellt die Tat als Affekthandlung dar und zieht mit dieser Lüge seinen besten Freund Xavier in eine Intrige hinein, die ihn selbst das Leben kosten wird. Xavier will die Verbrechen klären und sticht in ein „Wespennest“, wo selbst die staatlichen Häscher sich gegenseitig ins Gehege kommen. Zusätzliche Akteure – Klaus Kinski als Zyniker, drei schöne Frauen – verkomplizieren die Situation so sehr, daß mehrere Durchläufe vonnöten sind, bis das Geflecht der Korruption ein sinnvolles Ganzes ergibt. Dann wird man süchtig schon deshalb, weil MORT D’UN POURRI sein Thema mit empfindsamen und doch lakonischen Gesten bebildert. Xavier weiß sehr genau, daß Philippe, sein bester Freund seit langen Tagen, ein Schurke ist; er kennt jedoch kein Limit, wenn es notwendig wird, den eigenen Kopf für ihn hinzuhalten und später seinen Tod um jeden Preis zu klären. Alain Delon gelingt eine Sternstunde des dramatischen Understatements.
Daß Xaviers Gefühle sich trotzdem erschließen, ist Philippe Sardes Musik zu verdanken, die das London Symphony Orchestra und die Jazz-Legende Stan Getz samt Combo im Aufnahmeraum beschäftigte. Die musikalische Diktion bewegt sich zwischen notierter Partitur und Free Style, zwischen Großstadtjazz, intimen Saxophonsoli und lebensmüde wirkenden Streichermelodien. Gleich der Main Title liefert den Auftakt zu einer großen Tragödie, in der, gleich einer Schachpartie, so manches Figurenopfer nötig wird, bis das Endziel am Horizont erscheint. Das Album präsentiert MORT D’UN POURRI teils in alternativen Takes der Aufnahmesitzungen, weshalb der filmverwöhnte Purist im Anfangsstadium Widerstände zu überwinden hat. Die exzellente Tonqualität und persönliche Notizen des Regisseurs helfen dabei. Was jetzt noch fehlt? Eine sorgfältig gemachte DVD dieser in ihrer ungeschminkten Darbietungsweise tief berührenden Elegie über das Glück und die Qualen der Freundschaft.
Matthias | 2003
MORT D’UN POURRI
Philippe Sarde
Universal France
49:42 | 14 Tracks