Moment to Moment

Nach der Kurzgeschichte LAUGHS WITH A STRANGER des Australiers Alec Coppel (der schreibenderweise u. a. in Alfred Hitchcocks TO CATCH A THIEF und VERTIGO involviert war und auch hier am Script mitarbeitete), drehte Regie-Veteran Mervyn LeRoy 1966 an der pittoresken französischen Riviera seinen letzten Film; ein Thriller über eine aussereheliche Romanze mit fatalen Folgen, der nicht nur handlungsmässig Hitchcock nacheifert, sondern in der Person von Jean Seberg auch eine Blondine ins Zentrum stellt, die direkt einem Film des Altmeisters entsprungen sein könnte.

Wenn LeRoy von einem «Frauenfilm» spricht, kann man das rein akustisch beurteilt beim «Main Title» unterstreichen. Ein Solohorn kündigt das zunächst mit Orchester und Chor besetzte Hauptthema an. Die Mischung aus Romantik und Tristesse ist Mancini reinsten Wassers und besitzt reichlich Ohrwurm-Potenzial. Dieses Thema ist zwar das Herzstück von MOMENT TO MOMENT, das in verschiedenen Stimmungen, Bearbeitungen und Besetzungen (Streicher, Gitarre, Klavier, Akkordeon, Saxophon) wie auch als Source-Musik immer wieder aufgegriffen wird, aber der Score kann natürlich noch mehr.

Denn auch in den Bereichen Drama und Suspense hat Mancini nicht nur sein Hauptthema, sondern auch alles andere im Griff. Er vertraut tragischen Hörnern ebenso wie verzweifelten Streichern, aber auch Klavier, Cello, Viola, Gitarre, Cembalo und Vibraphon dürfen ins ins Geschehen eingreifen, und das oft wie vom Komponisten gewohnt in tiefen, abstrakten und doch die gewünschten Wirkungen erzielenden Bereichen. Ab und an erinnert das insbesondere an DAYS OF WINE AND ROSES.

Behutsamen Gitarren, mal solo, mal im Duett, haftet auch ausserhalb des Hauptthemas etwas Volksmusikalisches an. Eindeutiger zu und her geht es diesbezüglich in munteren, französich generierten und teilweise mit lateinamerikanischen Rhythmen angereicherten Tanzstücken wie «The Flower Stalls», «Hotel Terrace», «Mougins» und «Flower Stalls Dance», die wunderhübsch das unbeschwerte Lebensgefühl an mondänen Gestaden einfangen.

MOMENT TO MOMENT mag nicht zu den besten Pferden im Mancini-Stall gehören, ist aber trotzdem eine kleine Entdeckung, denn die Musik überzeugt mit adäquaten Stimmungen und einem äusserst memorablen Hauptthema. Von diesem entstanden in den Folgejahren rund 60 Vokal- und Instrumental-Versionen. Der Score aber blieb unveröffentlicht, vielleicht auch, weil der Film kein grosser Erfolg war und heute eher vergessen ist. Nun aber nahm sich La La-Land mit einer schönen 1500er-Edition der Musik an, begleitet von einem zwar umfangreichen, aber gar klein gedruckten Text von Jeff Bond.

Andi  |  21.02.2024

MOMENT TO MOMENT
Henry Mancini
La-La Land Records LLLCD 1628
66:07 Min. / 29 Tracks
Limitiert auf 1500 Stk.