Minority Report

Review aus The Film Music Journal No. 29, 2002

MINORITY REPORT (2002) ist ein gelungenes Zukunfts-Krimi-Spektakel, einer der eindrücklicheren Filme von Steven Spielbergs zweiter Filmographiehälfte, auch weil er wieder ein wenig die Verspieltheit einsetzte, die seine Filme in den 70ern und anfangs der 80er auszeichnete, aber doch ohne an die Glanzzeiten heraunzureichen. Ausserdem scheint mir die Kameraarbeit von Janusz Kaminski für diesen Film zu unterkühlt. Glänzende Momente hat der Film, davon sicherlich jener mit den Spinnendrohnen, die die Bewohner eines Hauses heimsuchen. Der verzwickte Film nach einer Kurzgeschichte von Philip K. Dick wurde mit Tom Cruise in der Hauptrolle besetzt, desweiteren spielen Colin Farrell, Samantha Morton und in einer kleineren Rolle Max von Sydow. MINORITY REPORT war ein Topseller an den Kinokassen und mit insgesamt 358 Millionen Dollar weltweit ein grosser Erfolg.

John Williams seinerseits komponierte für den düsteren Film einen nicht weniger düsteren Score. Ein Score, der sicher weit besser funktioniert, wenn man den Film gesehen hat. Tracks wie «Spyders» oder das sagenhafte «Anderton’s Great Escape», ein pfeilschnelles, pfiffiges Actionstück wie es Williams seit langer Zeit, vielleicht seit den Indy-Filmen, nicht mehr geschrieben hat. Auch «Sean’s Theme» ist ein sicher charakteristisches Thema von Williams, nah (fast zu) an der Stimmung von A.I. ARTIFICIAL INTELLIGENCE (2001) und der getrübten Sentimentalität eines PRESUMED INNOCENT, leider in der elektronischen Stimmversion unnahbar. Während Williams mit Einzelereignissen wie diesen nach wie vor begeistern kann, sucht man, gerade nach einigen Wochen des Abstinenzlertums in Sachen MINORITY REPORT den Rückkehreffekt ohne journalistischen Zwang, um die CD wissentlich wieder anhören zu mögen.

Dabei bleibt die Musik, oder sagen wir Bestandteile daraus, immer noch reizvoll und wach, doch geht der CD mit über 75 Minuten Laufzeit vielleicht etwas die Luft aus und Reizpunkte werden verwässert. Das mag wohl mit an den vielen bewegungslosen, etwas starren Stimmungspassagen liegen, die einen Track wie «Dr. Eddie and Miss Van Eych» zähflüssig erscheinen lassen, aber auch an nicht so willkommenen «gladiatorischen» Gesangseinflüssen, die zwar kurz aber fast wie aufgeklebt erscheinen: «Visions of Anne Lively». Nun gut, unsereins kehrt einfach ab und an mal zu «Anderton’s Great Escape» zurück, Master Volume auf Fensterscheibenbrummstufe gestellt, Augen zu und durch. Nur hier gibt’s fünf Punkte.

2019 erschien bei La-La Land Records die definitive Veröffentlichung des Scores auf 2 CDs.

Phil  |  2002

 

MINORITY REPORT

John Williams

Dreamworks

73:57 | 16 Tracks