Review aus The Film Music Journal No. 33/34, 2005
Am späten Abend seiner Karriere betrat John Wayne nochmals filmisches Neuland, indem er seinen Sheriffstern durch eine Polizeimarke ersetzte und die Prärie durch die modernen Schauplätze Seattle und London. Sichtlich zu alt für die jeweiligen Rollen kämpfte er sich durch die mäßigen Plots von McQ (1974) und BRANNIGAN (1975). Erfreulicher ist da schon der Einsatz von Elmer Bernstein und Dominic Frontiere, die dem «Duke» auf musikalisch stimmige Weise Schützenhilfe gaben. Nach gut 30 Jahren sind ihre Scores nun erstmals veröffentlicht worden, und dies – wohl dank einer Laune des Zufalls – praktisch gleichzeitig.
McQ demonstriert aufs Trefflichste, dass Elmer Bernstein zeitlebens neuen Musikströmungen gegenüber aufgeschlossen und jederzeit in der Lage war, diese in seine Werke einfließen zu lassen, ohne dabei seinen unverkennbaren Stil zu verleugnen. Dem Zeitgeist folgend, erweiterte er sein Vokabular um typisches 70er-Jahre-Instrumentarium und so gesellen sich zu seinem seit THE MAN WITH THE GOLDEN ARM vertrauten traditionellen Jazz allerlei elektronisch verstärkte Instrumente wie Gitarren, Orgel und Flöte; die dadurch entstehende Fusion mit urbanem Funk braucht den Vergleich mit einem Lalo Schifrin keineswegs zu scheuen.
Das Salz in der Suppe sind zweifellos Actionstücke wie das hervorragende «Dirty Laundry/Fooled», welches sehr anschaulich die Seele des Scores zusammenfasst. In dieser Tour de Force trumpft das maskuline Hauptthema in den Trompeten auf, flankiert von stampfender Begleitung, wilden Klavierläufen und Wah-Wah-Gitarre. Dazwischen geben sich Trompete und Saxophon improvisiert wirkendem Jazzspiel hin. Neben einem netten romantischen Thema für Saxophon und ein paar erstklassigen Source-Tracks mit heißem Funkjazz schüren in Spannungsmomenten Elektro-Orgel und -Flöte ein befremdliches und unbehagliches Gefühl. Das eignet sich zwar nicht sonderlich als reiner Hörgenuss, zeigt aber, dass Bernstein vor den experimentellen Spielereien jener Jahre nicht zurückschreckte und auch hierin etwas zu sagen hatte.
Auch BRANNIGAN ist unverkennbar ein Kind seiner Zeit. Der Jazz – natürlich auch hier mit funkigem Zierrat – ist im Vergleich zu McQ von etwas leichterer Natur; wo er bei Bernstein dramatisch kocht, kommt er hier – vor allem im elektrisierenden Main Title mit seinen satten Trompeten – locker swingend daher und streift durchaus Easy-Listening-Gefilde. Frontiere trägt sein Hauptthema, und damit den Swing, zuweilen auch in die dramatischen Teile des Scores. Was diese betrifft, erinnern sie gelegentlich an Barry, Fielding oder Goldsmith und sind damit nicht der Weisheit letzter Schluss. Da sie sich aber gerne temporeich und geschmeidig geben und außerdem das Engagement des Komponisten spürbar ist, kann man fast nicht anders, als sich davon mitreißen zu lassen. Jedenfalls macht diese Musik Lust darauf, ein wenig mehr von Frontiere, der bislang von den CD-Produzenten kaum beachtet wurde, kennenzulernen.
Für Liebhaber der Copfilm-Musik aus jener Ära sind diese zwei Scores eine klare Empfehlung; wer den Jazz von Elmer Bernstein schätzt, der mag vor allem an McQ Gefallen finden, den ich eher noch eine Spur höher bewerten würde als mit 3.5 Smileys.
Andi | 2005
McQ
Elmer Bernstein
FSM Vol. 6 No. 19
49:24 | 15 Tracks
BRANNIGAN
Dominic Frontiere
La-La Land Records LLLCD 1012
41:45 | 16 Tracks