Review aus The Film Music Journal No. 30, 2003
Man kann sich sicher sein: wenn FSM eine Goldsmith-Auszeit nimmt, springen die anderen Clublabels wie Prometheus (siehe THE SWARM) oder Varèse in die Bresche. Letzteres hat mit MAGIC einen Goldsmith der besseren Sorte aus dem Regal geholt, eine Musik, die bisher nur auf der 1993 mit 6 Tracks erschienenen und einem erlesenen Publikum ausgehändigten (kurz darauf raubkopierten) CD der Society for the Preservation of Film Music erhältlich war. 1978 war einer der grossen Jahrgänge ausgezeichneter Arbeiten des inzwischen zu einfacheren Mitteln greifenden Komponisten (ich schreib das wohl zu häufig…).
Der Score zum Psychothriller MAGIC (mit einem eigentlich noch recht jungen und dennoch schon älter aussehenden Anthony Hopkins) entzückt mit einem wunderbaren Liebesthema, ausschweifend und leidenschaftlich in «Appassionata» zu hören und in Güteklasse 1 in der «Love Theme Hitparade» Goldsmiths einzuordnen. Schon diabolisch wie er diese wunderbare Melodie zum Schluss einfach so abbricht und in Disharmonie abgleiten lässt. Eine Disharmonie und Befremdlichkeit, die dem Goldsmith dieser Jahre keineswegs fremd, im Gegenteil, geradezu wie aus der Feder zu fliessen schienen sie und die er mit Freude selbst als Hauptwerkzeug einzusetzen verstand (das kindlich-naive Zweitonmotiv der Mundharmonika für «Fats»). Und Goldsmith 1978 wäre nicht Goldsmith 1978, wenn er die Mundharmonika nicht auch noch gleich als Bassinstrument einsetzen würde um dem schizophrenen Ansinnen Corkys fein und hintergründig gerecht zu werden («Blood»).
Noch dezenter als später in POLTERGEIST (1982) aber feinsinniger als in THE OMEN (1978) spinnt er die Vorahnungen und Andeutungen, ehe in «The Lake», Corkys (Hopkins) Mord an seinem Agenten untermalend, die wahnsinnig gewordene Seite des Protagonisten voll beleuchtet wird. Auch in der Besetzung bleibt Goldsmith eher zurückhaltend und setzt vor allem eine grosse Streicherbesetzung ohne kerniges Blech ein, dazu wäre die Story auch wirklich zu intim und kammerspielartig verfilmt (von niemand geringerem als Richard Attenborough übrigens). Die benötigte Energie zieht Goldsmith hingegen aus robusten Kontrabässen oder im fortissimo tanzenden Violinen und gelegentlich zu hörendem, punktuell statischem Klavier als Weiterleitung des Mundharmonikamotivs funktionierend. Das erzeugt eine nicht wenig reizvolle und vor allem beklemmende Stimmung, derer man sich gerne 40 Minuten hingibt.
Die letzten beiden Tracks übrigens sind wohlbedacht ans Ende der CD gesetzt worden, begleiten sie doch den Bauchredner Corky bei seinen Auftritten (Disco Fever à la COMA). Man könnte MAGIC als rustikalen Vorläufer von TWILIGHT ZONE-THE MOVIE (1983) bezeichnen und fast ist es überraschend, wie schnell man eine so gute Filmmusik vergessen hat, wenn die Erinnerung lediglich auf dem vor vielen Jahren einst gesehenen Film oder einer mit wenigen Auszügen bedachten CD basiert. MAGIC ist viel besser als diese Erinnerung preisgeben wollte und eine ungeheure Empfehlung für alle, die gerne an subtil schräger, sinfonischer Filmmusik mit “bösen Absichten” schnuppern mögen.
Phil | 2003
MAGIC
Jerry Goldsmith
Varèse Sarabande Club
41:56 | 22 Tracks