Love’s Labours Lost

Review aus The Film Music Journal No. 24, 2000

Das Filmmusical, einst der Stolz der Hollywood-Studios Warner und MGM, fristet seit Jahrzehnten ein Schattendasein, aus dem es von Zeit zu Zeit mit wechselndem Erfolg wiederbelebt wird. Nachdem Woody Allen auf die schöne Idee verfallen war, einen Film zu drehen, in dem die Hauptdarsteller auch singen und tanzen mußten, folgte ihm Kenneth Branagh, bekennender Allen-Fan, in den gespurten Loipen – und kam dabei unsanft zu Fall.

Mit kunterbunt inszenierter Pseudo-Lustigkeit hat er sein Aktionismuskonto diesmal einfach überzogen. Schöne Dekorationen, attraktive Schauspielerinnen, prima, doch wenn das Timing nicht stimmt, kann man alles vergessen. Wer beispielsweise die inhaltsleeren, aber rhythmisch superb ins Bild gesetzten Wasserballette mit Esther Williams erinnert, dem muß Branaghs Hommage an ebendieselben wie Laientheater vorkommen. Zu allem Überfluß ist LOVE’S LABOURS LOST eines der ödesten Stücke Shakespeares; da helfen auch die adaptierten Songs im Stil der zwanziger Jahre nichts. Und Genauigkeitsfanatiker werden sogar Branaghs auf alt frisierte Wochenschau-Aufnahmen rügen, denn wer sogar extra kleine Risse und Sprenkler ins Schwarzweißbild einbaut, sollte auch in mono drehen und keinesfalls ein Cinemascopeformat wählen, sondern das bis 1952 verpflichtende 4:3-Vollbild. Von dieser Sorte Patzer kommt einiges zusammen, und am Ende ist auch die Tonqualität mies.

Hopfen und Malz also verloren? Aber nein: nur eingesackt vom einzigen Gewinner. Patrick Doyle blühte endlich mal wieder richtig auf, vor allem in den eigentlich undankbaren orchestralen Intros zu den Songs von Gershwin, Kern und Hammerstein. Schon um diese schmissigen Kabinettstücke nicht zu verpassen, sollte man die CD wenigstens einmal ganz durchhören. Es bleiben dann immer noch gut 27 Minuten reiner Orchesterscore, die sich mit Hilfe des Booklets im Handumdrehen filetieren lassen. Zehn Sekunden aus «Twelve months and a day» oder «Victory» genügen, um den Komponisten bei jedem Audio-Trivial Pursuit® herauszuhören. Da sind sie endlich wieder, die weit ausschwingenden, optimistischen Doyle-Melodien, für die man ihn liebt. Wie sehr er es genießt, nach überwundener Leukämie wieder in die Vollen greifen zu können! Philippe beklagte in seiner Rezension die freudlose, bleierne Musik zu EST-OUEST. Vielleicht war das gehaltvolle, aber schwerblütige Exilantendrama einfach die falsche Wiedergeburt für den tatendurstigen Schotten. Hier, im bunten Scheinwerferlicht, ist er ganz bei sich. So akzeptiert man gern den mißglückten Film und nimmt eine alles andere als optimal gemasterte Sony-CD in Kauf. Sollte nach dem Kassenflop nicht der Geldhahn zugedreht werden, so wartet mit MACBETH als nächstes eine echte Herausforderung aufs quirlige Freundesduo Branagh/Doyle!

Matthias  |  2000

Interpretation
Song-Anteil
Score
LOVE’S LABOURS LOST

Patrick Doyle

Sony

58:13 | 18 Tracks