Ja, das Hoffen hat sich gelohnt!
Mein Review zu Hans Zimmers Filmmusik zu Man of Steel (2013) schloss ich mit dem wehmütigen Wunsch, dass doch bitte der Hans Zimmer wieder mal vorbeischauen soll, der so wunderbar mitreissende, berührende und vollorchestrale Filmmusiken wie Pirates of the Caribbean: At World’s End(2007) komponiert hat. Und hier ist er!
Für The Lone Ranger (2013) stellt Zimmer wieder das Orchester in den Vordergrund, reichert es mit zahlreichen Western-Filmmusik-Stilmitteln und –Instrumenten an und liefert mit Reminiszenzen an Morricone-Klassiker und eigene Werke eine äusserst kurzweilige, verspielte wie auch dramatische und themenreiche Filmmusik ab. Evtl. wird die Überschwänglichkeit noch etwas von der Katerstimmung nach Man of Steel begünstigt, doch dieser ausgelassene wie melancholische Filmmusik-Cocktail weiss zu gefallen und berauscht.
Sicherlich, wer sich The Lone Ranger anhört und mit Filmmusik im Allgemeinen und Hans Zimmers bisherigem Schaffen im Speziellen etwas vertraut ist, dem wird einiges bekannt vorkommen. The Lone Ranger lehnt sich an die wuchtige Action-Musik aus Pirates of the Caribbean (2006/07) an, liebäugelt mit den filmmusikalischen Identitäten von Sherlock Holmes (2009/12) und Rango(2011), zollt Tribut an die Dollar-Trilogie-Musik (1964/65/66) von Ennio Morricone (besonders am Ende von „You’re Just a Man in a Mask“) und während den Fiddel-Solo-Passagen – allem voran im Stück „Silver“ – stützt sich Zimmer auf das Folklied „After The Battle of Aughrim“ und man wird auch an Marco Beltramis fantastische Musik zu In the Electric Mist (2009) erinnert. Zudem flechtet Zimmer, arrangiert von seinem langjährigen Mitarbeiter Geoff Zanelli, die weltbekannte Overture von Gioachino Antonio Rossinis Oper „Wilhelm Tell“ (1829 in Paris uraufgeführt) prominent während des Action-Showdowns in seine eigene Komposition hinein – eine heikle Angelegenheit, doch bei einem ‚Gassenhauer‘ dieses Formats und in der vorliegenden Form umgesetzt ist das Resultat eine mitreissend-humoristische Achterbahnfahrt geworden.
Womit die Filmmusik zu The Lone Ranger besonders überrascht, ist, dass neben vielen Action-Momenten auch den sehr melancholischen Kompositionen viel Platz gewährt wird. Hier sticht besonders das Stück „Silver“ hervor, das wohl das Thema für den Johnny Depp-Charakter Tonto repräsentiert. Dieses Thema ist nicht nur sehr eingängig und wird von Zimmer gelungen während der ganzen Spielzeit variiert aufgegriffen, sondern es ist weniger schräg-verspielt (was eher zu erwarten gewesen wäre) dafür wehmütig und melancholisch ausgefallen. Besonders im abschliessenden Stück „Home“ porträtiert es die Einsamkeit Tontos und seine auf Dauer gesehen wohl verlorene Heimat perfekt – ein überraschend dramatischer filmmusikalischer Ausklang zu einem Western-Abenteuer von Disney und Regisseur Gore Verbinski.
Zu diesen musikalischen Einfällen gesellen sich noch Western-Kolorit einbringende Auftritte von Banjo, Mundharmonika und Ragtime-Klavier-Momente sowie namentlich das wilde Stück „Red’s Theatre of the Absurd“ (komponiert von Jack White, eingespielt von Pokey LaFarge und den South City Three‘s). All diese Ingredienzien zusammengenommen machen aus dem 50-minütigen Lone Ranger-Album eine abwechslungsreiche Angelegenheit, die jedoch stimmiger daher kommt als das noch wildere Album der Rango-Filmmusik von vor zwei Jahren.
Hans Zimmers The Lone Ranger ist die pure Abkehr von Man of Steel und Zimmers Kreationen für die Nolan-Filme. Damit bietet er eine sehr willkommene Abwechslung in Zimmers jüngerem Oeuvre und dürfte auch die grössten Zimmer-Skeptiker mit lohnenden Musikmomenten für sich gewinnen können. Einziger Punkteabzug gibt die teils allzu grosse Annäherungstendenz zum Sherlock Holmes-Sound und die Tatsache, dass das prominenteste Thema auf dem Folksong „After The Battle of Aughrim“ basiert. Aber das ist letztlich zu verkraften, da schön anzuhören.
THE LONE RANGER Hans Zimmer Walt Disney Records /Intrada D001809402 49:35 Min. / 11 Tracks
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