Das Erstaunen war gross als der bisherhige Liebling der Academy of Motion Picture Arts and Sciences überraschend den Dirigentenstab bei Star Wars Rogue Squadron an Michael Giacchino abgab, erwartete man doch gerade im Umfeld seiner Fans von Desplat doch einiges im Umgang mit John Williams› Material. Oder wurde ihm gerade das zum Verhängnis? Reine Spekulation.
Jedenfalls hat der Franzose mehr als genug zu tun, alleine 2016 ist er für insgesamt 10 Projekte tätig. Wie er das bewerkstelligt, ist ein Rätsel. Vielleicht ist es auch des Guten zuviel? Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass nicht alles und jedes, das Desplat anfasst, auch wirklich musikalisch überzeugen kann. Oder anders ausgedrückt, hie und da fährt Alexandre Desplat auf Autopilot – das aber immer noch auf einem Niveau, von dem die meisten seiner aktuellen Kollegen träumen können. Und immer wieder gelingt ihm ein ausgeichneter Score, wie 2015 mit The Danish Girl und Everything will be fine oder dem herausragenden The Imitation Game ein Jahr zuvor. L’Odyssée zählt zweifelsohne zu letzterer Kategorie. Erzählt wird in diesem Biopic, auf das ich sehr gespannt bin, das Schaffen des weltbekannten französischen Meeresforschers mit der roten Kappe, Jacques Cousteau, dessen beeindruckende Dokumentarfilme und Fahrten auf der Calypso (John Scott war damals quasi der Haus- und Hofkomponist bei einer Vielzahl von Cousteaus Dokus) mich als Kind begeisterten, nie zuvor hatte ich solche Bilder der See gesehen.
L’Odyssée beginnt mit dem wundervollen, eingängigen und grossangelegten Hauptthema. Es ist in „L’Odyssée“ von den Hörnern (der einzigen Vertretung der Blechsektion in diesem Score) gespielt zu vernehmen. Desplat lässt es den Score durch auch von Holzbläsern, Streichern, dem Klavier oder auch mal einem Glockenspiel spielen, immer von plätschernden Klavier- und Harfenklängen, wie wir sie von Desplat gut kennen oder in einer etwas dunkler gestimmten Version von Viola, Celli und Bässen begleitet. Auffallend dramatisch ist das famose „Deep Diving“ mit seinen angespornten Streichern. „Ballet des baleines“ gemahnt in seiner Art an Maurice Ravels Boléro, gleitet aber schnell in die Klangwelt des Desplat. Nach Track 14, „Last Flight“, in dem uns nochmals das zweite Thema von L’Odyssée und abschliessend dessen fröhlichere Variante präsentiert werden, für Klavier und Streicher geschrieben, ist Desplats Arbeit getan. Es folgen fünf Songs, von Otis Redding bis zu „California Dreamin’“ von The Mamas & The Papas. Dankenswerterweise sind diese nicht im Programm verteilt sondern ans Ende der CD gesetzt.
L’Odyssée ist sicherlich nichts Neues aus der Welt des Alexandre Desplats, aber in dieser doch einer der Scores, die man sich vielleicht mal anhören sollte. 44 Minuten gute, unterhaltsame und schön gestaltete Filmmusik bietet die CD allemal.
L'ODYSSEE Alexandre Desplat Galilea Music/TF1 63:26 min. / 20 Tracks
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