Judas and the Black Messiah

Mark Isham hat es trotz der teils kompletten Neuausrichtung in der Filmmusik (junge, unbekannte Musiker und Musikerinnen vorziehen, von denen man danach schnell nie mehr was hört) geschafft, wenigstens einigermassen am Puls der selten zuvor so schwierigen Filmmusikzeit zu bleiben. Zwar macht auch er nicht mehr die grossen Filme und deshalb einige Male (recht erfolgreich) in die TV- und Streamingwelt abgetaucht. Zuletzt stand das zweite Sequel BILL & TED FEEL THE MUSIC (2020) an, der Disney+ Film TOGO (2019) und die Hulu Produktion LITTLE FIRES EVERYWHERE (2019) und im selben Jahr der Kinofilm A DOG’S JOURNEY (2019). Aus den Sitzen reissen konnte die Filmmusikgemeinde aber keiner der erwähnten Scores. Aber Isham ist und war immer ein Schaffer, der gerne und viel arbeitet und so ist zu hoffen, dass wir von ihm irgendwann wieder einen Volltreffer zu hören bekommen. Hier teilt sich Isham übrigens den Scoring Credit mit dem Posaunisten Craig Harris, ausserdem werden Chris & Chris Keys aufgeführt.

JUDAS AND THE BLACK MESSIAH (2021) von Shaka King (MULIGNANS, 2015) erzählt von einem FBI-Informanten, O’Neal, der die politische Gruppierung der Black Panther (nein, das hat ausnahmsweise nichts mit dem Marvel Universum zu tun) infiltrieren und Kontakt zu deren Anführer Fred Hampton knüpfen soll. O’Neal, der gerne beide Parteien gegeneinander ausspielt, sieht sich bald hin- und hergerissen zwischen Auftrag, Ego und seiner Bekanntschaft zu Hampton.

Für den Score versammelt Isham ein kleines Ensemble mit Streichern, Holzbläsern, Perkussion (teils aus dem Synthesizer) und elektronischen Mitteln (Moogbass etc.). Der Score ist durch und durch auf Spannung getrimmt, was Isham oft mit dem Einsatz «tappender» perkussiver Elemente, auf und ab wallenden, streicherähnlichen Klängen («Rooftop») oder einer Snare (mit runter geklapptem Teppich) und Holzbläsern («Jake Wants Answers») sowie im Falle von «Gun Battle» mit Bratschen und Celli plus Perkussion erarbeitet. In anderen Stücken hören wie Saxophone und einen Akustikbass («I’m Out» und «The Infiltrated Tear – Bill’s Past comes Back»). Wie ein Epilog funktioniert «The Infiltrated Tear – Fred Hampton Funeral», das sich aber auf Grund seiner kurzen Laufzweit von 2 Minuten nicht voll entwickeln kann. Überhaupt kommt der Score auf der kurzen Seite zu stehen. Gut die Hälfte der Tracks sind knapp über oder unter der Minuten-Marke und nach rund 32 Minuten ist der Score auch schon zu Ende.

Im Rennen um die Oscars soll der Film einiges an Potential haben. Wir werden bald sehen. Isham und Harris’ Musik jedenfalls haben es nicht auf die sogenannte short list, die Vorauswahl zu nominierender Scores, geschafft, die wie immer die ein und andere sehr spezielle Wahl zeigt.

Nebst dieser Score-Ausgabe gibt es wie nicht anders erwartet ein Song-Album von Six Music und RCA.

Phil 16.02.2021

 

JUDAS AND THE BLACK MESSIAH

Mark Isham, Craig Harris

Watertower

31:30 Min.
21 Tracks