Der englische Filmkomponist John Scott feierte am 1. November dieses Jahres seinen 90. Geburtstag. Er ist damit zumindest Altersmässig in einer Liga mit Veteranen wie John Williams, David Shire oder dem 2020 verstorbenen Ennio Morricone. Hauptsächlich in den 80er Jahren hat Scott einige populäre und bekannte Filme in England und den USA mit seiner Musik unterlegt. Einen Namen gemacht hat er sich zweifellos mit seinen Kompositionen für diverse Dokumentarfilme Jacques Cousteaus.
«Jerry Goldsmith war einer der absoluten Top-Filmkomponisten. Als ich damals seine Musiken zu THE SAND PEBBLES, PLANET OF THE APES und PATTON hörte, dachte ich: Das ist meinem musikalischen Intellekt soweit voraus…»
Geboren wurde Scott in Bishopston, nahe Bristol. Von seinem Vater, der ebenfalls Musiker war, erhielt er erste Musiklektionen. Mit 14 Jahren vertiefte er diese in der Royal Artillery Band in Woolwich und spielte Klarinette, Saxophon und Harfe. Später wurde er vom englischen Label EMI unter Vertrag genommen um als Dirigent und Arrangeur tätig zu sein. Er nahm mit George Martin, Tom Jones, The Hollies, Nelson Riddle sowie Yehuid Menuhin auf. In Berührung mit der Filmmusik kam John Scott, als er für Henry Mancini (CHARADE, 1963; TWO FOR THE ROAD, 1967) und John Barry musizierte, (GOLDFINGER, 1964; THUNDERBALL, 1965; THE IPCRESS FILE, 1965, in denen er Saxophon spielte).
«Kurze Zeitrahmen gehören zum festen Leben eines Filmkomponisten. Man muss in der Lage sein, sehr schnell zu arbeiten.
Material zu benutzen, das ich bereits verwendet habe, funktioniert für mich allerdings absolut nicht.»
Seine erste Filmmusik komponierte John Scott 1965 mit dem Sherlock Holmes Mystery-Thriller A STUDY IN TERROR. Daraufhin folgten diverse Kurzfilme, Dokumentationen und TV-Arbeiten. Seither hat Scott Musiken für Regisseure von Rang und Namen eines Charlton Heston (ANTONY AND CLEOPATRA, 1972), Ken Annakin (THE LONG DUEL, 1967), Nicholas Meyer (THE DECEIVERS, 1988), Ted Kotcheff (THE WINTER PEOPLE, 1989), Roger Spottiswood (SHOOT TO KILL, 1988), Irvin Kershner (S*P*Y*S*, 1974), Hugh Hudson (GREYSTOKE, THE LEGEND OF TARZAN – LORD OF THE APES, 1984) und John Guillermin (KING KONG LIVES, 1986) komponiert.
«YOR: THE HUNTER FROM THE FUTURE war eine etwas peinliche Angelegenheit für mich. Die Produzenten entschieden, zusätzlich zu meinem Score einen italienischen Popscore einzubauen. Einige Leute fragten mich später, ob ich das wirklich geschrieben hätte?»
Des Weiteren betreute Scott eine Vielzahl der damals bahnbrechenden Jacques Cousteau Dokumentarfilme – viele davon fanden ihren Weg auf Tonträger. Auch als Dirigent und Orchestrator war er tätig, so zum Beispiel bei THE BRIDGE ON THE RIVER KWAI (1957), für die TV-Serie DALLAS (14 Episoden, 1980 – 1981), THE MILAGRO BEANFIELD WAR (1988) oder beim Videogame HARRY POTTER AND THE CHAMBER OF SECRETS (2002).
«Ich habe nichts gegen temp tracks. Allerdings verabscheue ich die Praxis, dass ein Komponist den temp score zu kopieren hat.»
Meine erste Erfahrung mit John Scott machte ich mit THE FINAL COUNTDOWN (1980), den ich damals im Kino gesehen und dessen Musik mich gepackt hatte. Welch ein wundervolles, mitreissendes Hauptthema – auch für den Film hatte ich einiges übrig. Eine ungewollte Zeitreise eines topmodernen Flugzeugträgers, der die Besatzung kurz vor den Angriff der Japaner auf Pearl Harbor führt – welch Ausgangslage. Dazu die heroische Musik von Scott.
Weitere für mich unvergessene John Scott Filmmusiken sind LORD MOUNTBATTEN: THE LAST VICEROY (1986), RED KING, WHITE KNIGHT (1989), MAN ON FIRE (1987), THE NEW SWISS FAMILY ROBINSON (1998), SHERGAR (1999) und die tollen Scores zu SHOGUN MAYEDA (1991, auch als KABUTO bekannt) und EXPÉDITION JULES VERNE: A BORD DU TROIS-MÂTS BELEM (2003).
«THE FINAL COUNTDOWN zu schreiben, war eine enorm fruchtbare Sache für mich. Ich konnte einige Zeit auf der USS Nimitz verbringen, anstatt nur alleine in einem kleinen Raum mit einem Klavier und leerem Notenpapier zu sitzen.»
1986 wurde John Scott mit einem Emmy für COUSTEAU’S REDISCOVERY OF THE WORLD I (1986) ausgezeichnet.
Mit seinem eigenen Label JOS hat John Scott einige seiner Musiken veröffentlicht. Die CDs sollten aber mal wieder aus dem Regal genommen und kurz gecheckt werden, da es einige gibt, die sich mit der Zeit verfärbt haben und teilweise nicht mehr spielbar sind. Berühmt berüchtigt dürfte die Tarantula LP bzw. CD sein, die seinerzeit (nicht so ganz legal) das Licht der Welt erblickte und zu einem Sammlerstück wurde.
«GREYSTOKE war eine problematische Angelegenheit. Sie hatten bereits zwei Musiken verworfen, eine eines Komponisten, den ich nicht nennen möchte und die andere zusammengestellt aus klassischen Musiken, die extra für den Film mit dem Royal Philharmonic Orchestra aufgenommen wurde. Hugh Hudson wollte für GREYSTOKE etwas in der Art von Wagners «Tristan und Isolde», Warner wollte SUPERMAN im Dschungel. Ich entschied mich schliesslich dafür, dass Hudson mein Boss sei.»
Wer dachte, THE WICKER TREE (2011) wäre Scotts letzte Arbeit gewesen, dem sei gesagt, dass der Engländer nach wie vor aktiv ist und derzeit an den Produktionen SUMMER NIGHT, WINTER MOON und MARGERY BOOTH: THE SPY IN THE EAGLE’S NEST arbeitet. Obwohl ich mich als Fan von Scotts Arbeiten beschreiben würde, finden sich auf unserer Seite nur wenige Rezensionen. Wir planen aber in naher Zukunft ein John Scott Special.
*Die Zitate von John Scott stammen aus einem Interview der spanischen Filmmusikseite BSOspirit.com, die wir mit freundlicher Genehmigung hier verwenden durften.