Jenseits der Stille

Review aus The Film Music Journal No. 11, 1997

Selten kommt es vor, daß deutsches Kino gute Filmmusik hervorbringt. Entweder, weil das Budget schlicht und ergreifend zu klein ist und sich damit nicht viel anfangen läßt, oder weil der Komponist oder die Komponistin das geringe Budget nicht gut umzusetzen versteht. Eine rühmliche Ausnahme diesbezüglich ist JENSEITS DER STILLE, ein Film, der mit Sicherheit nicht sehr viel gekostet hat, der aber zweifellos zum Besten gehört, was in den letzten Jahren in Deutschland produziert wurde. Reiser komponierte seine sehr gefühlvolle und sanfte Musik für eine kleine Besetzung.

Und genau das macht den unwiderstehlichen Charme der Musik aus. Durch die sehr schönen, oft wehmütig klingenden Melodien (Reiser arbeitet ausschließlich mit ziemlich eingängigen Melodien) und die überwiegende Darbietung durch Soloinstrumente (an der Gitarre: Andreas von Wangenheim, an der Klarinette: Claudio Puntin, Michael Heitzler und Giuseppe Solera, sowie Cello, Violine, Oboe und Kontrabass) wirkt die Musik von Anfang an sehr vertraut. Darüber hinaus schafft es Reiser gerade bei seinen Klarinetten-Stücken durch öftere Anlehnung an jiddische Musik eine Art Doppelstimmung zu vermitteln: Heiterkeit und unterschwellige Traurigkeit gleichzeitig. Die durchgängig kleine Besetzung wird nur einmal, nämlich in Jenseits der Stille, dem Schlußstück (auch wenn es Track 2 ist), durch einen Streicherteppich ergänzt.

Zwei der 24 Tracks sind Songs. Die Stücke Weihnachten, Roter Salon und Aufnahmeprüfung, alle drei original Sourcemusic-Stücke wurden von Jochen Schmidt-Hambrock komponiert. Diese Scheibe hat eigentlich nur ein Manko: die Stücke sind in äußerst bunt gemischter Reihenfolge aufgenommen. Die chronologische Reihenfolge gemäß der Filmhandlung dürfte folgende sein (ohne die beiden Songs und ohne Gewähr): 5, 9, 17, 22, 21, 23, 16, 3, 7, 4, 18, 11, 12, 6, 10, 20, 13, 19, 15, 8, 14, 2.

Insgesamt ist diese Scheibe einer der gelungensten Soundtracks zu einem deutschen Film, weil es Reiser schafft, durch seine Musik die Stimmung des Films so zu intensivieren, daß er zu einem Erlebnis wird. Eine mehr als empfehlenswerte Musik!

Klaus  |  1997

 

JENSEITS DER STILLE

Niki Reiser

Virgin

38:37 | 24 Tracks