Weil Hauptdarsteller Donald Sutherland ursprünglich einen Saxophonisten spielen sollte, nutzte Philip Kaufmann seine Bekanntschaft mit Jazz-Pianist, Komponist und Psychiater (!) Denny Zeitlin, um ihn für seine formidable 1978er-Adaption von Jack Finneys Roman INVASION OF THE BODY SNATCHERS zu engagieren. Da aber der Sutherland-Charakter schliesslich als Lebensmittel-Inspektor unterwegs war, verlagerte sich Kaufmanns Vorstellung in Sachen Musik von Jazz in Richtung Sinfonik und Elektronik des 20. Jahrhunderts. Zwar hatte Zeitlin Erfahrung mit Elektronik, aber noch nie mit einem Sinfonie-Orchester zu tun gehabt. Er holte sich also Unterstützung, unter anderem bei Orchestrator Greig McRitchie und Tontechniker Dan Wallin.
Für INVASION OF THE BODY SNATCHERS machte sich Zeitlin die damals zur Verfügung stehenden, elektronischen Möglichkeiten sehr effektiv zunutze und kam da und dort auf ähnliche Lösungen wie beispielsweise Jerry Goldsmith bei LOGAN’S RUN oder ALIEN. Aber auch im orchestralen Bereich zeigt er sich sehr progressiv. Nebst wilden Ausbrüchen von Klavier und Perkussion sorgt insbesondere – in Anlehnung an die Monster-Filmmusik der 1950er-Jahre – ein die Aliens repräsentierendes 4-Ton-Motiv für Bedrohung und Panik. Empathie- und gnadenlos in allen Bereichen, ringt es mit «The Thing With Her Eyes» um den Status als Hauptthema. Bei «The Thing With Her Eyes» handelt es sich laut Zeitlin um «ein Liebeslied für das Ende der Menschheit», das zwar im Jazz und Blues zu Hause ist, aber auch andere Bearbeitungen erfährt.
Intrada präsentiert erstmals den kompletten, einstündigen Score. Der wirkt jedoch wegen einigen kurzen Tracks und eingeschobenen Source-Stücken wie dem Ausschnitt eines Mozart-Hornkonzerts, einer Disco-Nummer und dem Dudelsack-Klassiker «Amazing Grace» (in einer kurzen Bearbeitung auch im Underscore verwendet) teilweise etwas unzusammenhängend. Deshalb (und auch wegen ein paar doch recht extremer elektronischer Tracks), ist man mit dem um zwar rund 20 Minuten kürzeren, aber deutlich hörerfreundlicher strukturierten Album-Programm besser bedient.
Die Optik der Doppel-CD und die Liner-Notes von Jeff Bond erfüllen die Erwartungen und ergänzen diesen endlich wieder erhältlichen, wundervollen Vertreter der experimentierfreudigen Sci-Fi-/Horror-Filmmusik der 1970er-Jahre bestens. Dass es Denny Zeitlin bei diesem einen Filmscore beliess, ist angesichts dessen Qualität sehr bedauerlich.
Andi | 12.10.2023
INVASION OF THE BODY SNATCHERS
Denny Zeitlin
Intrada ISC 488
CD 1 67:28 Min. / 45 Tracks
CD 2 39:38 Min. / 12 Tracks