The Illustrated Man / Morituri

Review aus The Film Music Journal No. 28, 2002

Um es gleich vorwegzunehmen, beide Scores von Jerry Goldsmith waren zuvor in Europa bereits erhältlich, wenn auch rechtlich nicht ganz sauber und in mehr oder weniger guter Qualität und Ausführung zugegebenermassen. Somit sind diese beiden FSM-CDs zweifellos absolute Alternativen – wenn nicht mehr!

Die Interessantere der beiden Musiken ist auf alle Fälle THE ILLUSTRATED MAN (1969). Allein die Ausgangslage als Episodenfilm nach Ray Bradburry (Autor von FAHRENHEIT 451) verspricht mehr als die Prämisse eines mässig gelungenen Kriegsfilms wie MORITURI (1965). Doch ist es die Rahmenhandlung und damit auch der «Rahmenscore» bei ILLUSTRATED MAN, der in seiner verschleiert verführerischen Art, insbesondere in der Titelmusik («Main Title»), gehalten in einer Molltonart, durchaus zu mehr Hörgängen Lust macht. Die Episode «The Veldt» ist elektronisch und experimentell gehalten, Fans entdecken Sounds, die später in LOGAN’S RUN (1976) oder GREMLINS (1984) in ähnlicher Weise Verwendung fanden. Spannend auch, dass Goldsmith diese vollständig ausnotierte, wie es sich für ihn eben gehörte. Ansonsten setzt Goldsmith auf leise Melodieführung mit kleineren Variationen in Tempo und Instrumentation. Beachtenswerte: «Quiet Evening».

Die Episode «The Long Rain» beginnt verhalten mit Violinentremoli, während Goldsmith das Hauptthema für Bratschen und Celli einwebt. Hier sind auch elektronisch verfremdete und echoisierende Orchesterklänge zu hören. Mit knapp 3 Minuten ist der Score für diese Sequenz sehr kurz ausgefallen. Mehr Musik, rund 8 Minuten, komponierte Goldsmith für die letzte Episode «The Last Night of the World, die am meisten fein ausgearbeitete Dramatik verbreitet, stilistisch nicht weit von «The Long Rain» entfernt und wiederum das Hauptthema toll eingearbeitet (Blockflöte, Harfe). Wie angesprochen ist es die Musik zur verführerischen Rahmenhandlung und hier auch das kraftvolle «Frightened Willie» mit seinen jähen Perkussionsattacken, die begeistern kann. Goldsmith versteht es insgesamt, trotz der auf drei unterschiedliche Teile angelegten Films, ein abgerundetes Ganzes entstehen zu lassen.

Etwas ins Hintertreffen kommt MORITURI zu stehen, den es bereits als Tsunami CD, gekoppelt mit IN HARM’S WAY (1965) gab, dort allerdings – und das ist doch eine gravierende Angelegenheit – ohne das Hackbrett, das einst nach THE THIRD MAN (1949) so «in» war. Goldsmith jedenfalls verwendet dieses sehr prominent in «Main Title». Mit Actionpassagen, die einem nicht gerade den Hörstuhl unter dem Allerwertesten entreissen und einem Hauch Asien, kommt der Score aber nie so richtig in Schwung und dreht sich ein wenig im Kreis. Zusätzlich zu Goldsmiths Werk wurden abschliessend, etwas gesucht vielleicht, 15 Minuten aus RAID ON ENTEBBE (1976) zugefügt, einem Charles Bronson Vehikel über die Entführung einer Air France Maschine und anschliessende Befreiung durch eine Spezialeinheit. Dieser Bonus ist das heimliche Highlight der CD. Das Akkordeon-Motiv führt uns zu Beginn mit seinem frohen Ambiente geschickt in die Irre, denn das Folgende von Shire ist bleiern und spannungsgeladen mit repetierenden, rhythmischen Akzenten. Grimmig und schwermütig schreitet die Musik voran bis zu ihrem Höhepunkt mit «The Raid» mit viel Perkussion und Einwürfen des Blechs. Nicht nur was für Shire-Fans.

Wie üblich von allererster Güte ist die Aufmachung der beiden Scheiben mit hervorragenden und ausführlichen Booklets.

Phil 2002

 

 

THE ILLUSTRATED MAN

Jerry Goldsmith

Film Score Monthly

42:02 Min.
17 Tracks

 

 

 

 

MORITURI/THE RAID ON ENTEBBE

Jerry Goldsmith/David Shire

Film Score Monthly

57:50 Min.
22 Tracks