The Hurt Locker ist nicht tot zu kriegen. In nur wenigen Wochen wurden über 200 Stunden Filmmaterial in Jordanien, im dokumentarischen Handkamera-Stil gefilmt. Im Oktober 2008 soll in Italien (?) bereits eine erste Aufführung des Films statt gefunden haben. In Brasilien war geplant, den Film direkt auf DVD zu veröffentlichen… ein kleiner Film also, der abseits von kleinen Festivals komplett unter zu gehen drohte.
Doch plötzlich spricht die ganze Filmwelt vom ‚Platoon des Irak-Krieges’. Regisseurin Kathryn Bigelow kann sich vor Presseterminen kaum mehr retten und die Liste der Nominierungen für The Hurt Locker wird mit jedem Tag grösser. Was ist geschehen? Dies genau aufzuzeigen vermag wohl keiner, doch die plötzlich geschenkte Aufmerksamkeit hat der Film redlich verdient.
Mit einem tollen Jeremy Renner in der Hauptrolle ist The Hurt Locker ein fantastisch spannender Film geworden, welcher jüngst – ganz zu recht – gar die Oscar-Nominierung für den besten Film erhalten hat. Doch nicht nur ein goldenes Männchen könnte The Hurt Locker am 7. März 2010 mit nach Hause nehmen, sondern deren neun. Darunter unter anderem evtl. auch für die beiden Komponisten Marco Beltrami und Buck Sanders für ihre Arbeit am Score zu The Hurt Locker.
Im Fall vom Hurt Locker tue ich mich etwas schwer, von ‚Musik’ zu sprechen. Dies soll nicht im negativen Sinne gemeint sein, sondern schlicht herausstreichen, dass das vorliegende Album als reines Hörerlebnis wirklich kein Spaziergang ist. Im Film tut der Score wahre Wunder, doch ohne die Bilder glaubt man stellenweise beinahe ein SFX-only-Album im Player zu haben (besonders während The Long Walk und The Man in the Green Bomb Suit).
Marco Beltrami und Buck Sanders schufen eine nervaufreibende Klangcollage, welche sich etlichen Soundeffekten – u.a. schwirrende Fliegen und Muezzin-Gesang aus Lautsprechern (in Body Bomb) – bedient. Entstanden ist ein Score, welcher sich überwiegend dem mood design zu unterwerfen scheint. Ein eingängiges Thema ist nicht wirklich auszumachen. Erst gegen Ende hin, in den Stücken A Guest in My House und The Way I Am, rücken melodiöse Linien in der Vordergrund – und erinnern so an die Orchestrierung von Beltramis tollem Score zu In the Electric Mist (2009).
Neben der erwähnten Filmmusik, kann die Komposition zu The Hurt Locker wohl stellenweise noch mit Musik aus Lost von Michael Giacchino und – besonders stark und wohl absichtlich in There will be Bombs – mit There will Be Blood von Jonny Greenwood verglichen werden.
Die experimentelle Orchestrierung und der melodiöse Minimalismus machen The Hurt Locker abseits der Bilder zu einem schwerverdaulichen Hörerlebnis. Im Film trifft dieser Klangkosmos die tödlichen Spannung und Hitze tontechnisch genial und so wird dann wohl auch die Oscar-Nominierung zu rechtfertigen sein (war dieser Titel für mich doch die grösste Überraschung auf der Nominierungsliste, dicht gefolgt von Alexandre Desplats Fantastic Mr. Fox). Doch ist diese Filmmusik wohl ausschliesslich im Film zu geniessen.
Basil, 13.2.2010
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THE HURT LOCKER Marco Beltrami, Buck Sanders Lakeshore Records LKS-34120 30:45 Min. / 12 Tracks
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