Hawkins on Murder / Winter Kill / Babe

Review aus The Film Music Journal No. 31/32, 2004

Jerry Goldsmith gehört zu den bevorzugten Komponisten des FSMLabels, und da nun das Potenzial seiner noch veröffentlichbaren Filmscores langsam ausgeschöpft ist, wendet man sich seinen TV-Arbeiten zu. Da dürfte in den Archiven noch viel Material herumliegen, und in diversen Internetforen wird schon seit längerem nach Werken vor allem aus den Siebzigerjahren gelechzt. Lukas Kendall ist den Rufen gefolgt und präsentiert auf diesem Silberling nicht weniger als drei Fernsehmusiken des populären Komponisten.

Von diesen dreien dürfte hierzulande HAWKINS ON MURDER am bekanntesten sein. Ab 1973 musste James Stewart acht Folgen lang als naiv auftretender Provinzanwalt verzwickte Fälle in morallosen Grossstädten lösen. Goldsmith schrieb das Titelthema und die Musik zur Pilot-Episode. Das rassige Thema mit Moog-Synthesizer und Bläsern in den Hauptrollen ist reinste Nostalgie und sehr ohrwurmtauglich. Es kommt wiederholt zum Einsatz, ansonsten ist die Musik eher ruhig und bescheiden gehalten, mit Solo-Auftritten von Klavier und Gitarre.

WINTER KILL von 1974 war wiederum ein Pilotfilm, jedoch ging das geplante Konzept nie in Serie. Andy Griffith heftet sich als Sheriff eines kleinen kalifornischen Bergkaffs an die Fersen eines Serienmörders. Der «Main Title» würde sich auch gut in einem Goldsmith- Western machen, wäre da nicht der Synthesizer, diesmal ein ARP. Dessen unbekümmerter Klang mag jedoch auch nicht so recht zum tendenziell düsteren und bedrohlichen Score passen. Vom Dreiergespann auf dieser CD ist WINTER KILL zwar das unbequemste, aber interessanteste Werk. Das liegt in erster Linie an den experimentellen und durchaus gehobenen Action-Parts, für die der Goldsmith von damals so geschätzt wird. Hämmernde Klavierschläge, schroffe Blechbläser und Aufschreie im Orchester halten das Ohr wach. Das tut darüber hinaus auch der charakteristische Klang der Tabla, obwohl man sich fragen mag, was eine indische Trommel in den Rocky Mountains zu suchen hat.

BABE aus dem Jahre 1975 ist die Biografie von Babe Didrikson Zaharias, eine sportliche Allrounderin, die in der Leichtathletik und im Golf grosse Erfolge feierte und 1956 im Alter von nur 42 Jahren vom Krebs besiegt wurde. Goldsmith vertraut seine behutsame Musik grösstenteils der Familie der Saiteninstrumente an, lässt viel, vielleicht zuviel, Raum für das melancholische Hauptthema und bricht nur selten aus diesem Korsett – wie im Fall des FIERCE CREATURES verwandten «On the Green» – aus. Man kann demnach erahnen, dass Huldigungen an den Sportsgeist und Siegeshymnen hier nicht zu finden sind.

Gewiss täte man diesen Musiken Unrecht, würde man sie mit den Massstäben grosser Hollywoodproduktionen bewerten. Sie reichen sicherlich nicht an Goldsmiths Spitzenwerke heran, sind aber doch routiniertes Handwerk eines Komponisten, der auch das Medium TV ernst nimmt. Daher dürften nicht nur Goldsmith-Komplettisten auf dieser CD die eine oder andere lohnenswerte Entdeckung machen.

Andi  |  2004

HAWKINS ON MURDER / WINTER KILL / BABE
Jerry Goldsmith
FSM Vol. 6 Nr. 13
77:24 | 24 Tracks