So fühlt man sich, wenn ein Wunsch in Erfüllung geht. Alles was wir bisher zu THE GREAT RACE beschert bekamen, war eine geizige 27 Minuten LP/CD, die der Musik von Henry Mancini nicht gerecht wurde. Und so kam es wie es kommen musste: Als Andi erwähnte, La-La Land habe eventuell die Finger an einem 3 CD Set von GREAT RACE, hielten sich Hoffnung und Bangen fast die Waage. Obwohl ich den Film unzählige Male gesehen habe und ihn zu meinen Favoriten zähle (ein Muss über die Neujahrstage!), tauchte alsbald die Frage auf, ob es genügend abwechslungsreiche Musik für zwei CDs gibt, CD 3 ausgenommen, da für das alte Album reserviert (wie so oft nicht wirklich nötig und ebenso oft schon bei anderen Alben gemacht? Zurück zur Frage: Ja, gibt es!
Als Blake Edwards sich an THE GREAT RACE wagte, hatte er Hits wie BREAKFAST AT TIFFANY’S und DAYS OF WINE AND ROSES auf seiner Seite stehen. Doch an GREAT RACE lag ihm ganz besonders viel, auch wenn sich die Produktion als schwierige Sache herausstellte. Zunächst verliess Burt Lancaster das Projekt, Paul Newman kam dazu und stieg wieder aus, danach auch Danny Kaye und Mickey Rooney. Tony Curtis, Jack Lemmon und Peter Falk stiessen zum Projekt. Natalie Wood hingegen wurde vom Studio nur unter der Bedingung für Edwards INSIDE DAISY CLOVER besetzt, wenn sie auch THE GREAT RACE machen würde. Wood erwartete einen kurzen, locker-flockigen Komödiendreh. Daraus wurde allerdings nichts, im Gegenteil, THE GREAT RACE wurde für sie und andere Beteiligten zu einer lange mühselige Sache. Es ist sicher Blake Edwards zu verdanken, dass davon im fertigen Film nichts zu merken ist.
Henry Mancini zählte nach BREAKFAST AT TTIFFANY’S und THE PINK PANTHER bereits zum bewährten Blake Edwards Team und THE GREAT RACE war mehr als eine würdige Addition in dieser so erfolgreichsten Regisseur/Komponist-Zusammenarbeiten. Seine Musik ist immer frisch, sehr unterhaltsam und taucht in gleich mehrere Genres und Musikstile (Walzer, Polka, Ragtime, Western, Musicalnummern, Fanfaren) ein ohne dabei übermässig oder zu nervig in Komödien mickey mousing zu verfallen. Natürlich betont Mancini die herllichen Lemmon/Falk Charaktere. Ein wundervoller Walzer mit einem leichten Hang zur Ironie (Tuba und Snaredrum schaffen das bestens). Doch Mancini hält gleich noch ein zweites Motiv für die beiden liebenswerten Volltrottel (und mitunter scene stealer, noch heute bereitet es grosses vergnügen Fate und seinem unbekümmerten Assistent bei ihren Taten zuzusehen) bereit: „Exposed! Holy Cow“. Hier sind unter anderem eine Fagott/Baritonsax/E-Bass Kombination, begleitet von Banjo und Klavier und als Leadstimme eingesetzt eine gestopfte Posaune zu hören. Abermals ein weiteres Motiv findet Mancini für die Eisbergsequenz “Rise and Shine“, „Another Foot“ und „Saved!“, in der Max (oder Maaaaaax!) Fate schliesslich seines Schnäuzers entledigt, in all seiner trotteligen Unschuld, und das Quartett schlussendlich gerettet wird, nur um sich alsbald in weiteren Schwierigkeiten wiederzufinden.
Freilich, wie könnte es anders sein, gibt es einen knuffig tollen Titel gebenden Marsch („The Great Race March“), der auch immer mal wieder für The Great Leslie seiner selbst verwendet wird, angereichert mit populären Fanfaren. Nicht unerwähnt bleiben soll natürlich das herrliche Liebesthema für Leslie und Maggie („The Sweetheart Tree“) in vielen Variationen vertreten. Für den letzten Akt des Films, der, nennen wir sie mal Prisoner of Zenda-Geschichte, einen prächtigen Walzer (inklusive den unvermeidlichen 3/4 Takt Dauerbrennern wie der „blauen Donau“ & Co.), eine handfeste Fanfare („Princely Fanfare/His Royal Highness“), eine kleine Nachtmusik, einen ganzen Haufen Suspense und währschafte Action sowie eine fast eineinhalb Minuten längere Version der Tortenschlachtmusik („Pie-in-the-Face Polka“). Alleine die Tracks 4 bis 18 von CD 2 spielen in dieser Szenerie mit Fates Alterego, Prinz Hoepnick und dem geplanten Umsturz der Monarchie – kaum vorstellbar wer anderes als Jack Lemmon Hoepnicks Lacher hätte zum Besten geben können.
Gehen wir nochmals kurz zurück im Filmgeschehen und vor die „Entr’acte“ und nach Boracho in den wilden Westen (so er zu jener Zeit noch wild war). Westernfeeling lässt Mancini in „Smoke Screen“ erklingen. Dieser musikalische Teil ist hier abseits vom Film, mit Ausnahme des flotten „He shouldn’t-a, hadn’t-a, oughn’t-a swang on me“ zum ersten Mal zu hören. Erwähnter Song ist ausserdem in der originalen, langen Filmversion enthalten, rund doppelt so lang wie auf der unsäglichen, alten LP/CD.
Also, wir kriegen eine Menge neues Material in einem abwechslungreichen Score zu hören und fast fällt es schwer Negatives zu erwähnen. Gut und gerne hätte man ohne „The Desert Song“ leben können, dieses Stück wäre von den Machern besser an den Schluss als Bonus gesetzt worden. Die Musik aus der gleichnamigen Sigmund Romberg Operette lässt der grosse Leslie (Curtis) in seinem Zelt spielen, als er zum ersten Mal auf die bezaubernde Maggie (Wood) trifft.
Doch das ist nun wirklich jammern auf ganz hohem Niveau. Was uns La-La Land hier bietet, ist ein endlich gehobener Schatz aus den Filmmusikannalen, die sich viele Fans seit langer, langer Zeit wünschten. Ganz nebenbei klingt Mancinis Musik auch noch fantastisch und dank Mancini in Hochform sind die 114 Minuten Musik (CD 1 und 2) im Nu vorbei. Und fast hätte man sich noch ein bisschen mehr Infos im immerhin 24-seitigen Booklet gewünscht.
Phil, 20.8.2017
Henry Mancini La-La Land Records LLLCD1372 CD 1: 52 Min. / 23 Tracks CD 2: 62 Min. / 25 Tracks CD 3: 27 Min. / 11 Tracks
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