Während Tom Holkenborg uns kaum Inspiriertes zu den Godzilla vs. Kong Gemetzeln beschert und Leopold Ross, Bruder von Atticus (SOUL) Ross, die Zeitensprünge in MONARCH: LEGACY OF MONSTERS mit elektronischem Gewarbel zukleistert, passiert in Japan musikalisch Aufregenderes: Naoki Sato, 1970 geboren und seit anfangs der 2000er für so einige Animes und Liveaction-Filme verantwortlich, komponierte die Musik zu GODZILLA MINUS ONE (2023). Nun bin ich selbst kein grosser Fan von Mangas und den japanischen Godzilla Filmen, auch nicht den kultigen Mann-im-Gummikostüm Umsetzungen der 1960er und 1970er Jahre der Toho Studios, aber auch die Zusammenarbeit mit den amerikanischen Studios wie bei GODZILLA: KING OF MONSTERS (2019, immerhin mit äusserst gelungener Musik von Bear McCreary) konnten nicht jeden vom Hocker reissen.
Dass aus Japan immer wieder tolle Filmmusik kommt, ist spätestens seit den Arbeiten Joe Hisaishis nichts Neues, es wird aber umso aktueller, je schwächer das Gros ausfällt, das Hollywood und die Streamingdienste derzeit musikalisch auf die Beine stellen – ganz nach dem Thema: Jede und jeder kann mal. Alteingesessene Namen und Qualitäten sind immer weniger gefragt. Doch das ist ein anderes Thema, das den Rahmen einer Rezension sprengen würde.
Einer der Namen aus Japan, auf den man wirklich achten sollte, ist also Naoki Sato und seine Partitur zu GODZILLA MINUS ONE ist beachtenswert. Sato und Regisseur Yamazaki kennen sich bereits gut, so haben sie beispielsweise bei SPACE BATTLESHIP YAMATO (2010) oder den beiden PARASITE-Filmen (2014 und 2015) zusammengearbeitet. Die 56minütige CD fühlt sich gut an, ist sicher nicht zu lang geraten. Satos Musik ist dissonant, bedrohlich, grimmig und düster durch und durch. Sato erschafft eine beinahe trostlose Musiklandschaft mit seinen Klanggebilden, die manchmal digital bearbeitet und verändert werden oder mit Chor und, selten, Solostimmen sowie Elektronik unterstützt werden. Erst mit wiederholtem Anhören, so jedenfalls war es bei mir, offenbaren sich Motive und Themen wie in «Elegy», «Hope» oder «Honor», ein 4-Noten Thema in «Fear» und «Pain» oder Satos eigenes, kurzes Motiv für Godzilla in «Portent» und «Divine».
Was wäre ein japanischer GODZILLA Film ohne Akira Ifukube? Und so ist dessen Marsch in den drei mit «Godzilla Suite» I, II und III betitelten Tracks zu finden. Ganz aber passt diese Musik nicht zu Satos so sorgsam ausgearbeiteter Musiklandschaft, auch wenn verständlich ist, dass Ifukube hier zitiert wird. Einfach anzuhören ist Satos Score nicht und es wird wohl dem ein und anderen unter uns schwerfallen, sich die CD mehrmals anzuhören – das wäre allerdings schade. Am besten setzt man sich hin und versucht für einmal ohne jedwede Ablenkung genau zuzuhören, so offenbart sich die ganze Kraft und Cleverness der durchaus avantgardistischen, widerspenstigen und bedingungslosen Kunst, die in GODZILLA MINUS ONE geflossen sind.
Phil | 19.04.2024
GODZILLA MINUS ONE
Naoki Sato
Rambling Records
56:11 | 17 Tracks