Die Filmmusik zum Monster-Hit Godzilla (2014) ist in zweifacher Hinsicht aufregend: zum einen wurde mit der Verpflichtung von Alexandre Desplat wohl einer der am wenigsten erwarteten Komponisten für ein solches Popkorn-Monster-Vehikel berücksichtigt – noch überraschender wäre wohl nur die Wahl Nico Muhlys gewesen; zum anderen ist Desplat entgegen allfälligen Zweifeln eine durchgehend brachiale, komplexe Filmmusik gelungen, die trotz kratzbürstigem Charakter während der gesamten Laufzeit zu unterhalten vermag. Dies gelang zuletzt, meiner Meinung nach, nur John Williams mit seiner Filmmusik zum Weltuntergang-Streifen War of the Worlds (2005), der trotz vergleichbar kühlem, unwohnlichem, ungemütlichem Charakter durchwegs faszinierte und packte. Dies ist auch bei Alexandre Desplats Filmmusik zu Godzilla der Fall, obwohl die Musik als reines Hörerlebnis sehr fordernd ist.
Vergessen Sie den Alexandre Desplat, der Ihnen flauschig-zuckrige Walzermelodien und intime Solo-Instrumente-Einlagen präsentiert. Wie es von einer Filmmusik zu einem Godzilla-Film zu erwarten ist, haut Desplat hier mit erweitertem Sinfonieorchester und gemischtem Chor mächtig auf den Putz, und zeigt damit eine musik-stilistische Seite, die man in seinem bisherigen Schaffen für Hollywood nicht oder nur selten/spärlich zu hören bekam. Diese Filmmusik gehört den Drums und den Blechbläsern. So gesehen ist seine jüngste Arbeit faszinierend und überwältigt mit ihrem Volumen und ihrer Beharrlichkeit. Doch hört man sich Godzilla nicht wegen lyrischen, eingängigen Themen mehrmals an – bis auf das Godzilla-Thema, welches unter anderem im ersten Stück gespielt wird, verzichtet Desplat auf klare, starke Themen und setzt eher auf wechselndes Musikkolorit –, sondern aufgrund des beeindruckenden, dichten Kompositionsstils. Trotz vielen lauten Action-Momenten präsentiert Desplat durchgehend Musiknuancen, die die jeweiligen Stücke interessant bleiben lassen. Nach 60 Minuten ist man nicht erschöpft ob der epischen Dauerbeschallung (à la zahlreicher Marvel/Super-Helden-Scores), sondern eher aufgekratzt aufgrund des energetischen Charakters der Musik. So gesehen ist Godzilla ein bisschen der Bourne-Score unter den Monster-Filmmusiken; er nimmt seine Rolle als monströse Filmmusik wahr, bleibt jedoch, soweit es dieses Gerne zulässt, „wendig“ und „agil“. Eine empfehlenswerte Filmmusik für alle Desplat-Fans, die eine andere Seite des Komponisten kennenlernen wollen, und jene Hörer, die sich (gelegentlich) gerne auf dichte, fordernde Filmkompositionen einlassen.
Wenn man nun auch noch berücksichtigt, dass von Desplat innert wenigen Monaten die Filmmusiken zu Philomena (2013), The Monuments Men (2014) und The Grand Budapest Hotel (2014) sowie nun eben Godzilla (2014) erschienen sind – allesamt stilistisch grundverschiedene Arbeiten –, dann ist das einfach nichts anderes als beeindruckend.
GODZILLA (2014) Alexandre Desplat Sony Music 60:27 Min./20 Tracks
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