1992 war ein sehr geschäftiges Jahr für Jerry Goldsmith. Nicht weniger als sieben Filme standen auf seiner Liste, darunter Hits wie Basic Instinct und Medicine Man, aber auch eher kurioses wie Mr. Baseball und Mom and Dad to Save the World (für so manchen Goldsmith-Fan damals DER Goldsmith schlechthin, als Film bei uns allerdings völlig uninteressant). Alle, ausser die TV-Produktion The Bogie Man, wurden auf CD herausgebracht. So auch Forever Young, die Geschichte eines Air Force Piloten, der sich, weil seine grosse Liebe durch einen schweren Unfall ins Koma fällt, in einem Experiment einfrieren lässt und 50 Jahre später wieder das Licht der Welt erblickt. Anders als bei seiner ersten Beziehung, wo der Kinderwunsch bei ihm auf wenig Gegenliebe stiess, freundet er sich mit dem Sohn, der ihn aus seinem kühlen Schlaf geweckt hat, einer Alleinerziehenden an und wird wie ein Ersatzvater für diesen. Auch Gefühle kommen wieder auf, doch so recht will er sich in den 90er Jahren nicht zurechtfinden – und als er erfährt, dass seine einstige Liebe noch lebt, setzt er alles daran sie zu treffen.
Forever Young war wiederum eine willkommene Abwechslung vom grossen Actionkino, dem Goldsmith, zumindest zeitweise, zu entrinnen versuchte. Doch beginnt der Score mit einem deftigen Paukenschlag, den so mancher beim ersten Mal Anhören aus dem gemütlichen Hörsessel gejagt haben mag. Goldsmith begleitet hier Mel Gibson auf einem Flug mit einer B-25 und untermalt die Szene mit viel Verve. Dass er solche Passagen besonders gut beherrscht, hat der grossartige The Blue Max runde 25 Jahre zuvor aufgezeigt. Sonst aber hat Forever Young mit jenem Score kaum etwas gemein. Anders als Stachel sucht Mel Gibson nicht Popularität und Anerkennung um jeden Preis, es geht hier um kleinere, feinere Angelegenheiten wie Liebe, Familienleben, und –probleme.
Test Flight also startet furios mit kräftigen Hits ehe Daniels Pilotenthema von den Streichern über Synthies und Hörnern zu hören ist. Ein ereignisreicher, reichhaltiger Track. Ein nächstes Thema ist in Will You Marry Me?/Never Leave Me zu hören, das delikate Liebesthema. Zuerst von einem glockenartigen Synthie intoniert übernimmt eine Querflöte das Thema. Ein nächstes Motiv (zunächst Streicher, dann Oboe) taucht in Hit and Run/Breaking Down the Doorauf, das Daniels traurigen Verlust seiner Geliebten reflektiert. Ein dramatisches 3-Noten Motiv für die Einfrierkammer ist in The Experiment von den Trompeten gespielt zu hören, umgeben vom Verlustmotiv und dem Liebesthema in vollem Orchesterkleid.
All diese Themen finden variantenreiche Verwendung im ganzen Score. Mal feiner und stiller, mal spannungsgeladen oder dramatisch aufbrausend. Goldsmith setzt dabei in den ruhigeren Sequenzen auf schön gestaltete Soli (Querflöte, Oboe), Klavier- und Synthieuntermalung, ganz besonders gelungen das Liebesthema für Klavier und Harfe, ehe sanfte Streicher und Klarinetten in I Was Wrongübernehmen.
Auch ein militärisches Motiv, ähnlich dem Kältekammer-Motiv, findet hie und da Verwendung, z.B. in The Jacket oder dem vifen, temporeichen Getting Away. Ein Höhepunkt ist She’s Alive mit knackigen Bläsern und Perkussion (Tomtoms), einer gefahrvoll getrimmten Variante des Liebesthemas und dem Finale mit dem Fliegerthema. Reunited schliesslich bildet einen tollen, dramatischen Abschluss des Scores, ein Track der die Hauptthemen nochmals vereint und zu einem emotionalen Schlussbouquet führt.
Eine hübsche Variation von Daniels Fliegerthema ist in The Tree Housezu hören, einer Szene in der Daniel mit seinem neuen Freund im Baumhaus einen Flug „erlebt“. Eine der besten Sequenzen im Film.
Von den sieben 92er Scores zählt Forever Young mit Sicherheit zu den gelungeneren, wenn Basic Instinct vom Bekanntheitsgrad auch nicht zu knacken war (und für einige kommende Filme mit ähnlichem Thema als Rolemodel herhalten musste).
Die La-La Land Scheibe präsentiert zunächst den gesamten 43minütigen Score, chronologisch von Track 1 – 22 geordnet. Das sind gegenüber dem Big Screen Album (abzgl. Song und speziell arrangiertem Love Theme from Forever Young für Sopransax und Klavier) 8 Minuten mehr. Das Hörfeeling ist mir hier lieber, wenn man auch die alte CD durchaus als gelungen bezeichnen kann.
Dazu gibt es einige Bonustracks wie die Albumversionen diverser Tracks, in denen Goldsmith u.a. Synthies hinzu- oder bestimmte Tracks zu längeren Stücken zusammenfügte.
Mein Booklet (mit gelungenen Liner Notes von Daniel Schweiger) ist übrigens etwas durcheinander geraten, es scheint als sei ein ganzer Bogen vertauscht worden.
FOREVER YOUNG Jerry Goldsmith La La Land Records 74:37 Min. / 32 Tracks Limitiert auf 3000 Stk.
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