Le fils du Français

Review aus The Film Music Journal No. 25, 2001

Hier handelt es sich wirklich um eine einzigartige CD: Da der Film, eine unsägliche Abenteuerkomödie um zwei Frauen (Fanny Ardant und Josiane Balasko), die im Amazonasgebiet Südamerikas den Vater eines kleinen Jungen suchen, in Frankreich im Dezember 1999 ein totaler Kassenflop war – Export nach Deutschland ist sowieso ausgeschlossen -, erschien im offiziellen Handel bis heute keine CD. Kurioserweise ist für Franzosen selbst diese CD schwieriger zu beschaffen als für uns hier in Deutschland, weil sie ja über die normalen Soundtrackhändler ausgeliefert wird.

Schaut man sich die mit einem wahrlich idiotischen Cover ausgestattete CD nun näher an, so wird man kaum Unterschiede bemerken zu den anderen auf Cosmas eigenem Pomme-Label erschienen Silberlingen. Das optische Versteckspiel geht beim Anhören der mit dem London Symphony Orchestra eingespielten Partitur munter weiter. Nicht nur sind mehrere rein folkloristische, brasilianische Einsprengsel und Songs mit von der Partie, daneben zwei Arien aus der Vincenzo Bellin-Oper «La Pirate», nein, auch beim restlichen Cosma-Anteil wird man so manches Mal hin- und hergeworfen.

Von den ca. 28 Minuten Score könnte, wenn man es nicht wüßte, doch so manches von Herrn Goldsmith komponiert worden sein. Packende und dramatische Actionpassagen und ein vorantreibender, markerschütternder Staccato-Rhythmus von Streichern und Pauken wie in «Os Capengas» oder «Rio Claro» scheinen fast direkt aus GoldsmithWerken der 90er wie MEDICINE MAN (1992) und vor allem CONGO (1995) herübergewandert zu sein. Kein Wunder folglich, wenn man von Eingeweihten erfährt, daß CONGO tatsächlich den Temp Track für den Score geliefert hat. Und Cosma hat das «Plagiat» richtig fetzig hingekriegt, was wohl so manchen Goldsmith-Fan ins Erstaunen und zur Verzweiflung bringen könnte. Ein bißchen zu sehr setzt er in seinem Hauptthema «Garimpeiro» auf etwas nervende Buschtrommeln, die das Lokalkolorit widerspiegeln sollen, aber wenn sich dann die majestätischen Hörner und das vollbesetzte Streichorchester der aufrauschenden Melodie annehmen, ist Cosma wieder ganz auf der Höhe seiner letzten sinfonischen Großtaten SOLEIL (1997) und LA TRILOGIE MARSEILLAISE (2000).

Leider ist aber die Partitur nicht aus einem Guß gefertigt, so daß es einem manchmal zuviel der locker-flockigen Folkloristik wird. Kommen aber typisch französische Instrumente wie das Akkordeon oder die Gitarre, von delikaten Streichern unterstützt, ins Spiel, dann ist Cosma wieder ganz bei sich und lädt ein zum Träumen und Schwelgen wie etwa in «Jean et Benjamin» und «Suzanne». Nur sollte sich jeder vor dem Kauf fragen, ob ihm solch schöne Appetithäppchen eine nicht gerade billig zu erhaschende CD wert sind.

Stefan  |  2001

LE FILS DU FRANÇAIS

Vladimir Cosma

Pomme

46:31 | 19 Tracks