Wie wunderbar, dass das feine spanische Quartet Records an den «antiken» Filmmusikhörer denkt und zu Pedro Almodóvars Kurzwestern EXTRAÑA FORMA DE VIDA eine CD veröffentlicht hat. Kurz und knapp: Lang lebe die CD!
Almodóvars 31 Minuten Kurzwerk ist mit Ethan Hawke und Mando-Darsteller Pedro Pascal prominent besetzt. Gefilmt wurde in des Regisseurs Heimat Spanien, die schon oft für eine karge Wild-West-Filmlandschaft herhalten durfte. Wie immer an Almodóvars Seite ist sein go-to-Komponist Alberto Iglesias, der hier eine kurze, dramatische Filmmusik von 21 Minuten Länge komponiert hat.
Igesias eröffnet die Musik mit Streichern und Harfe, bedächtig und still, ehe ein Chor einsetzt und das wiederholt zu vernehmende Motiv mit dem Orchester, knapp und nicht überwältigend, zum Besten gibt («Arrebato»), ehe sich für das kurze Finale Blech und Timpani dazugesellen. Track 2 ist der Song des Scores, eindeutig hispanisch-mexikanischer «Natur» und gesungen von Caetano Veloso («Extraña forma de vida»). «El despertar» ist eine ruhiges, besonnen wirkendes Stück mit Harfe, Gitarre, Streicher und Shakuhachi, während Iglesias für «Las segundas intencines» zunächst mit ausgedehnten Bassnoten (und tiefen Synthies?) auf Spannung setzt und perkussiven Einschüben etwas Raum gibt, ehe ein Teil der Bässe und die Celli schliesslich übernehmen, um in ein weiteres Spannungssegment zu führen, das nun mehr Bewegung erhält und in der zweiten Hälfte nach dem kurzen Einsatz der Shakuhachi nochmals an Dramatik zulegt – danach folgt, aber nur kurz, das Hauptmotiv, ehe die Shakuachi schliesst.
Schmissiger geht es in «En una bodega mejicana», wiederum vermehrt für Streicher, Harfe aber auch Holzbläser komponiert zu und her. «El hijo asesisino» ist mit 4:53 Minuten das längste Stück des Scores. Wieder stehen die beginnenden Streicher für sich mit langsam aufbauenden Suspensestrecken, angetrieben nach rund 1 Minute von Holzbläsern, Perkussion und schliesslich den Violinen und einem Kesselpauken-Einwurf. Danach steigert Iglesias kurz das Tempo ehe auf emotionale Weise das Hauptmotiv zum Vorschein kommt, nur kurz, denn die Gefahr lauert schon wieder um die Ecke.
Iglesias’ Musik wird von «Los caballos retozan al anochecer» beendet. Es ist dies das schönste und emotional packendste Stück der CD, in welchem der Spanier sein Hauptmotiv ertönen und in ein wohlklingendes Gewand kleidet, immer wieder, speziell in der ersten Hälfte, mit kurzen «Gefahrsprengsel» versehen.
EXTRAÑA FORMA DE VIDA ist eine gelungene, wenn auch dem Medium geschuldete kurze Musik, die aber weniger im traditionellen Westernstil gehalten ist, jedoch auch die minimalistischen Arbeiten in diesem Genre der letzten Jahre umgeht – nicht erwarten sollte man eine Hi-Ho Wild West-Musik à la Bernstein, «Spaghettiklänge» à la Morricone oder tiefstes Americana eines Bruce Broughtons.
Phil | 14.06.2023
EXTRAÑA FORMA DE VIDA
Alberto Iglesias
Quartet Records
21:14 Min. / 7 Tracks