1985 kommt es zur dritten Zusammenarbeit von Joe Dante und Jerry Goldsmith. Explorers handelt von den Jungs Ben und Wolfgang (die damals 15-jährigen Ethan Hawke und River Phoenix in ihren Leindwanddebüts), sowie Daren (Jason Presson), die mittels Gedankenübertragung Ausserirdischer ein Raumschiff bauen, mit dem sie schliesslich ins Weltall aufbrechen, um sich mit den Aliens zu treffen.
Zum Zeitpunkt dieses Projekts hatte sich der spezifische, aus einem Mix von Orchester und oftmals schräg-überdrehter Elektronik bestehende Dante/Goldsmith-Sound bereits etabliert, und ihm bleibt das Gespann auch bei Explorers treu. Die Synthesizer werden hier im allgemeinen jedoch etwas dezenter eingesetzt als bei anderen gemeinsamen Werken; vor allem dann, wenn sie sich in einem traumartigen und extraterristischen Klangspektrum bewegen.
Wie weitere frühe Dante/Goldsmith-Titel, musste sich auch Explorersbei seiner Erstveröffentlichung auf LP (und später auf CD) den Platz mit Songs teilen, wenngleich nicht im selben Verhältnis wie Innerspaceoder der noch krassere Gremlins. Immerhin ein rund halbstündiges Programm fand den Weg auf Tonträger, und obwohl dieser Querschnitt kaum Schwächen aufweist, ist er nicht wirklich repräsentativ, denn anstatt auch auf die Nebenthemen und interessanten kleinen Details dieses Scores einzugehen, stellt er sich ganz in den Dienst der offensichtlichen Höhepunkte.
Diese braucht man primär den etwas älteren Goldsmith-Fans wohl nicht mehr näher vorzustellen, denn da ist natürlich das Hauptthema, eine Hymne an jugendliche Unbekümmertheit, Neugier und Abenteuerlust, besonders zündend in The Construction und Have A Nice Tripunterwegs, und auch das Fünfton-Traum-/Liebesmotiv in entsprechenden Bearbeitungen sowie der cartooneske «Wak’s Boogie» ‒ das vielleicht typischste Dante/Goldsmith-Element des Scores ‒ sind gut vertreten.
Wieviel Einfallsreichtum hingegen auch in scheinbar nebensächlichen, manchmal recht kurzen Tracks steckt, zeigt diese Premiere des kompletten Scores. Im Teils impressionistischen, teils an Tschaikowsky erinnernden Home macht ein hintersinnendes Thema auf das unglückliche Verhältnis Darens zu seiner Familie aufmerksam, im Gegensatz dazu folgt das muntere Motiv für Wolfgangs Haushalt. Für «Sci-Fi» Flick/The Roof-Top entlehnt sich Goldsmith zunächst kurz den typischen Universal-Monsterfilmsound der 1950er-Jahre und präsentiert dann ‒ wie später auch in Let’s Go ‒ das Traummotiv im sanften Klang einer Mundharmonika.
In I Want To Live wird ein melancholisches Flötenostinato für den Hubschrauberpiloten Charlie Drake (Dick Miller, Dantes unverwüstlicher Garant für markante Nebenrollen) eingeführt, Time For Bed enthält ein leider viel zu kurzes, sehnsüchtiges Oboen-Solo. Von ein paar Referenzen an frühere Werke seien hier erwähnt: Star Trek TMP in Let’s Go und Gifts/Home Flight, Alien in Looks Real.
Explorers gehört in jene Kategorie von Goldsmith-Scores, die erst in ihrer Gänze ihr komplexes thematisches Gefüge offenbaren. Der Komponist setzt gefühlvoll die relevanten Bedürfnisse des Film-Plots musikalisch um, Orchester und Elekronik verbinden sich zu einer im Grossen und Ganzen geglückten Symbiose. Deshalb dürfte sich nicht nur Goldsmith-Komplettisten die Anschaffung dieser Scheibe anbieten.
Es ist bezeichnend, dass es wieder ein Goldsmith ist, der Intrada seine Veröffentlichungspolitik erneut überdenken lässt. Krebste Douglass Fake vor fünf Jahren beim innert Kürze ausverkauften Inchon noch von seinem Vorhaben zurück, eine Nachpressung zu produzieren, ging Explorers so alarmierend schnell weg, dass er rasch und unbürokratisch eine zweite Auflage ankündigte. Mit der Konsequenz, dass blitzartig etliche Bestellungen storniert wurden, muss er vorerst leben, und ob sich das neue Geschäftsmodell, ohne vorherige Festlegung einer Stückzahl das Angebot der Nachfrage anzupassen und Titel, die nicht laufen, nach einer gewissen Zeit wieder aus dem Programm zu kippen, bewährt, wird die Zukunft zeigen. Im Sinne aller Filmmusikliebhaber wäre dies auf jeden Fall wünschenswert.
Andi, 16.10.2011
EXPLORERS Jerry Goldsmith Intrada Special Collection Volume 180 77:28 Min. / 33 Tracks Limitiert
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