Rezension aus The Film Music Journal No. 21, 2000
Manchmal sind Rezensionen eine harte Nuss. Das manifestiert sich darin, dass niemand über eine bestimmte CD schreiben mag (wie es damals für The Film Music Journal No. 22 war) oder man die CD mehrere Male hervorkramt und dann doch wieder leicht frustriert auf den Stapel «später nochmals anhören» zurücklegt. Das muss nicht unbedingt immer an der Qualität der Musik liegen. Im Fall von EST-OUEST ist es eher eine Frage der «persönlichen Zugänglichkeit» und die strahlt dieser Score für mich leider nicht aus.
Patrick Doyle hat sich nach schwerer Krankheit erneut mit Regis Wargnier zusammengetan, mit dem er schon bei INDOCHINE und UNE FEMME FRANÇAIS gearbeitet hatte. Seine neue Komposition ist durchaus komplexer als die beiden genannten Werk, klingt aber auch irgendwie distanziert und – darf man es überhaupt so ausdrücken – freudloser? Oder liegt das vielleicht doch nur an der osteuropäischen Ader der Musik, die insbesondere im Schlussstück «The Land» deutlich herauszuhören ist? Einerseits fehlt in EST-OUEST ein wirklich griffiges Hauptthema, ansonsten bis dato (1999) fast immer ein sicherer Wert bei Doyle, andererseits ist die undankbare Sequenzierung der CD, die mit slawischen Chören unpassend passend (weil filmdramaturgisch gerechtfertigt) durchsetzt wurde, mitschuldig am geschmälerten Hörvergnügen. Eigentlich hat der Score sonst ja alles, was eine Doyle’sche Filmmusik ausmacht: Dynamisch fliessende, temporeiche Momente, orchestral gefestigt und unverkennbar in seinen Arrangements. Es kommt sogar für einen kurzen Moment MUCH ADO ABOUT NOTHING (eine der schönsten Arbeiten des Komponisten) Stimmung auf, aber wirklich Neues oder auch etwas an dem man sich als Hörer über mehrere Durchgänge halten kann, bietet der sympathische Schotte hier nicht.
Aufgenommen wurde der Score interessanterweise an verschiedensten Orten: Das Orchester in Sofia (Bulgarian Symphony Orchestra), die Klavierpassagen von Emanuel Ax in New York, andere Teile in London und Kiew.
Phil 2000
EST-OUEST
Patrick Doyle
Sony Classical
53:29 Min.
25 Tracks