Review aus The Film Music Journal No. 33/34, 2005
Gleicht deutsche Filmmusik einer Terrine Erbsensuppe? Tja, dergleichen debile Assoziationen kommen einem in den Sinn, wenn man hiesige Kino- und Fernsehfilme mit offenen Ohren hört und fassungslos den Musikanteil zur Kenntnis nimmt. Poppige Anbiederung an den Zeitgeist hier, elektronisches Gestrüpp dort, und das leider auch in den meisten Prestigeprojekten. Darum sei hier auf eine immerhin respektable CD aufmerksam gemacht, bei der man die Fernbedienung nicht mit aller Macht umklammert oder alle paar Momente weiterzappt. Allenfalls die Klangqualität mit ihren Übersteuerungen gibt Anlass zur Nörgelei.
Die Geschichte eines Theaterregisseurs, der nach einem Unfall blind wird und mit einer von Geburt an blinden Frau eine abenteuerliche Reise durch Europa unternimmt, ist nicht ohne Sentimentalität, hat jedoch dank frischer Darsteller und einer ordentlichen Inszenierung viele Freunde in den Arthouse- Kinos gefunden.
Gleich drei Komponisten steuern eine Musik bei, deren schlichte Klarheit für sich einnimmt, allerdings von Abnutzungserscheinungen bedroht ist. Akkordeonklänge wechseln mit Klavierstücken und Streichermusik, die von der Radiophilharmonie Warschau wohlklingend dargeboten wird. Die drei Tonsetzer bleiben dem in gleicher Weise gehandicapten, aber völlig verschieden reagierenden Liebespaar auf der Spur. Der äußeren Reise entspricht die Suche nach der eigenen Identität, und so kommt der Musik neben atmosphärischen Qualitäten vornehmlich die Aufgabe zu, Empfindungen zu erzeugen, über die sich der Betrachter in die beiden Reisenden einfühlt.
Die CD hat ihre Hänger, und einige Stücke leiden unter einer Mischinstrumentierung aus akustischen Anteilen und einer Ersatzbefriedigung per PC. Den besten Zugang wird die nun erscheinende Leih-DVD bieten, die wohl am ehesten das Interesse an ERBSEN AUF HALB 6 wecken wird.
Matthias | 2005
ERBSEN AUF HALB 6
Max Berghaus / Dirk Reichardt / Stefan Hansen
Strange Ways Records
49:43 | 20 Tracks