Was lange währte, wurde im September 2019 endlich gut: DOWNTON ABBEY im Kinofilmformat. Und was hätte schief gehen können, ist geglückt, denn man verzichtete auf Innovation. Wo DOWNTON ABBEY draufsteht, steckt DOWNTON ABBEY drin – seit den ersten Spielminuten im TV und bis nun hin zur Kinoadaption acht Jahre später. Das beginnt mit einem loyal wiederkehrenden Schauspiel-Ensemble in Bezug auf die Schlüsselrollen (Hugh Bonneville, Jim Carter, Maggie Smith, Michelle Dockery etc.), die stilvolle Ausstattung, das gemächliche Erzähltempo und den unverrückten Fokus auf emotionale, intrigante Geschichten rund um die Irrungen und Wirrungen in den Reihen der Adelsfamilie Crawley auf dem pittoresken Anwesen Downton Abbey (auf Highclere Castle gedreht) während den 1910er- und 1920er-Jahren. Dies bezieht sich auch auf die Musik. Vom ersten Takt an zeichnete der britische Komponist John Lunn für das Musik-Universum von DOWNTON ABBEY verantwortlich und mit seinen klangschönen, noblen und auch mal verspielten Kompositionen trug er substanziell zum Wiedererkennungswert der Serie und zu deren emotionalen Tragweite bei. Dabei fährt er auch für den Kinofilm-Soundtrack nicht primär mit epischem Drama und Pomp auf, sondern lädt ein zu nostalgischem Schwelgen mit altbekannten, geliebten Themen, familiärer Orchestration und ruhigen Zwischentönen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Der Kinofilm DOWNTON ABBEY von Regisseur Michael Engler setzt die Erzählungen der gleichnamigen TV-Serie fort, wobei er vier Jahre nach dem Geschehen der letzten Folge der 6. Staffel die Fäden wieder aufnimmt. Wir schreiben das Jahr 1927: Die Crawley-Familie bereitet sich auf den Staatsbesuch des Königspaars vor. Auf dem Programm stehen ein üppiger, royaler Lunch, eine Parade und ein Dinner. Dass sich dabei das Personal und der Earl of Grantham mit dem Gefolge der Königin und des Königs in die Haare geraten, ist absehbar.
Nach 52 Folgen verteilt auf sechs Staffeln (2011–2016) hat DOWNTON ABBEY einen Stil und Duktus fest etabliert. Hiervon rückt auch der Kinofilm nicht ab, was von den Fans und den Kritikern mit Lob verdankt wurde. Auch für die Filmmusik wartet John Lunn nicht mit vielen Überraschungen auf, sondern lädt zu einem schönen, gediegenen, nostalgischen «Wiederhören» ein, wobei er die Musik mit seinem Klavierspiel anführt. Dabei ist auch auf dem vorliegenden Album das markante, ikonische Titelthema die Hauptattraktion – sie öffnet, wie bei jeder Folge im TV, die Pforten nach Downton Abbey und setzt im ersten Stück, «A Royal Command», den Ton. Sofort ist man in die Grafschaft Yorkshire und auf den Familiensitz von Graf und Gräfin von Grantham, Downton Abbey, katapultiert. Wie viele weitere Motive aus dem TV-Soundtrack hier eingeflossen sind – Lunn sagte mal, er habe über 50 Motive für die TV-Serie geschrieben – kann nicht abschliessend mit Sicherheit eruiert werden. Zumal von der TV-Serie-Musik auch lediglich ein 2-CD-Set mit Highlights über alle Staffeln veröffentlicht wurde. In Fan-Foren wurde genannt, dass neben dem Hauptthema auch das Thema des Butlers Mister Carson und des Anwesens selbst im Kinofilm-Soundtrack zu hören sind. Aus narrativer Sicht wäre dies naheliegend, doch werden mit Sicherheit noch weitere bekannte Themen und Motive dem besonders geschulten DOWNTON ABBEY-Kenner ins Ohr springen – u.a. die Melodie des Songs «Nothing Will be Easy» im Stück «Resolution».
Neben den Score-Stücke hat John Lunn zusammen mit Chris Egan das Jazz-Stück «Never Seen Anything Like it» komponiert und basierend auf einer Komposition von Johann Strauss II (Junior) den «Sunset Waltz» geschrieben. Diese beiden Stücke fallen im Vergleich zum Score zwar etwas aus der Reihe, verankern den Film aber gekonnt im kulturellen Milieu und im historischen Kontext.
Fazit: John Lunn schuf für DOWNTON ABBEY eine unverwechselbare musikalische Identität. Sowie man Michael Giacchinos LOST-Musik nirgends anders als dieser einen TV-Serie zuordnen kann, so kommt auch Lunns Musik ein essenzieller Wiedererkennungsfaktor von DOWNTON ABBEY zu. Seinem TV-Musik-Stil bleibt er für die hier vorliegende Kinoadaption 1:1 treu. Sprich, wer John Lunns bisherige Arbeit für DOWNTON ABBEY mochte, der wird auch das Soundtrack-Album zum Kinofilm geniessen. Plötzliche stilistische Ausbrüche oder episches Drama sucht man hier vergebens. Dieses Album plätschert durchgehend ruhig durch die Boxen. Damit ist die Filmmusik für DOWNTON ABBEY nicht übermässig aufregend, aber bietet auch in dieser jüngsten Darbietung klangschöne und gepflegte Unterhaltung.
Basil, 10.11.2019
DOWNTON ABBEY
John Lunn
Decca Records
53:17 Min.
17 Tracks