The Don is Dead

Den Film habe ich bereits im Lockdown in der achtteiligen «A Week with Jerry»-Serie, in Teil 7, beschrieben, weshalb ich nur noch kurz darauf eingehen werde. Damals war noch nicht abzusehen, dass Intrada so rasch mit einer Veröffentlichung ins Haus kommen würde. Eine schöne Überraschung im immer lichter werdenden Wald an noch nicht auf Tonträger herausgebrachten Goldsmith-Filmmusiken.
THE DON IS DEAD (1973) versuchte zweifellos vom grossen Erfolg von Coppolas THE GODFATHER (1972) zu profitieren, es gelang allerdings nicht. Wieso Studios und Produzenten immer meinen, das Publikum würde nach einem erfolgreichen und beeindruckenden Werk in ähnlich gelagerte Produktionen abtauchen, ist unverständlich und hat in fast keinem Fall zu einem profitablen und sehenswerten Resultat geführt. Der mit Anthony Quinn, Al Lettieri, Frederic Forrest und Robert Foster besetzte Film brachte immerhin Jerry Goldsmith nach TORA! TORA! TORA! (1970) und THE LAST RUN (1971) wieder mit Richard Fleischer zusammen.  

Der Score beginnt mit analogem Synthesizerbrodeln (das mehrfach und quasi als roter Faden in THE DON IS DEAD auftaucht und für den Charakter von Frank (Robert Forster) eingesetzt wird um sein unstetes Sein und die Taten, die er mit den Fargo-Brüdern begeht, widerspiegelt). Ein Synthieklang, der auch später in ähnlicher Weise bei Goldsmith wieder auftauchen wird und den Fans aus der kurzlebigen James Stewart TV-Serie HAWKINS (1973) bekannt sein dürfte. Mehr und mehr kommen Orchesterfarben zum Einsatz, zuerst Tom-Toms und in PLANET OF THE APES gehörtes Perkussionswerk, Streicherpizzicati und schliesslich ein erster motivischer Ausflug mit der Querflöte. Erst in den letzten 30 Sekunden von «Emblem – Main Title (Revised)» ist das mittelgrosse Ensemble in Gänze zu hören. Goldsmith arbeitet hier in einem atonalen Segment und unterscheidet sich so deutlich von Nino Rotas melancholischem «Italianità» Klangspektrum von THE GODFATHER.
In ähnlichem Rahmen geht es auch im folgenden Track «The Test» weiter, ehe in «The Meeting» kräftige Klavierrhythmen und Blechbläser die Szenerie bestimmen. In «The Confession» sind es die Streicher, die die Hauptarbeit übernehmen, unterbrochen von kräftigen Blech- und Perkussionseinschüben. Erst mit den Tracks «No Trouble #1» für Gitarre und Querflöte und «Our Last Night» kehrt erstmals Ruhe ein, wobei letzterer ein Song ist, der im Film zu hören ist und mit Text von Goldsmiths Ehefrau Carol ausgestattet wurde. Zum Abschluss des Scores setzt Goldsmith diesen Song als Instrumentalversion um.

«A Little Help» ist ein kurzes, melancholisch warmes Stück, das zwischen den beiden Suspensecues, «The Hit» und «Back Fire» zu hören ist, während «The Beating» eher tragischer Natur ist, das Liebesthema zerpflückt und die Szene unterlegt, in der ein durchdrehender Frank seine Geliebte Ruby spitalreif prügelt, nachdem er Anzüge eines anderen Mannes im Kleiderschrank entdeckt. In «No Trouble #2» wird zum ersten Mal das italienische Gefühl etwas ausgebreitet, aber dennoch zurückhaltend ausgeführt, das in «No Trouble #1» kurz angespielt wurde. Gleichzeitig ist es der Auftakt zu den dramatischen Ereignissen des Films, mit actionreicher Spannungsmusik und «The War» beginnend. Kurz gehalten sind jetzt die emotionalen Momente («Anything She Wants»). Tickende Spannung, im folgenden Track «The Bomb» übernommen, vermittelt «The Set-Up» mit dem crescendo der Blechbläser bis hin zum kurzen, aber furiosen Anschwellen des Orchesters in «A Great Memory». Die staksig-nüchterne Orchestration war anfangs und Mitte der 70er Jahre bei Goldsmith häufiger anzutreffen, während er es tunlichst vermied wie THE GODFATHER zu klingen. Ein leichtes, aber auch völlig untypisch wäre es für Goldsmith gewesen. Doch im Gegenteil, DON ist eine oft harte, unnachgiebige Komposition, die den «Melodisten» unter den Filmmusikfans eher weniger, dem Goldsmith-Liebhaber dafür umso mehr zusagen dürfte.  

Von den vier Extras ist eigentlich nur Goldsmiths originale Version von «Emblem – Main Title», mit einer etwas anderen Eröffnung und dem Ende inklusive den tiefen Streicherregistern, erwähnenswert. Umso gelungener ist das wirklich gute, 24-Seiten Booklet mit Texten von Jeff Bond (der wie so oft nur Gutes über einen an sich misslungenen Film zu schreiben weiss) und Douglass Fake.  

Phil 12.9.2020

 

THE DON IS DEAD

Intrada ISC

53:32 Min.
25 Tracks