Wie die Zeit verfliegt. Es sind schon wieder 16 Jahre seit Deep Rising hier ein kurzes Leben in den Kinos hatte und eine nicht weniger kurze 32 Minuten CD von Hollywood Records bei mir während Umzug und Renovation andauernd die Runden drehte. Es war irgendwie die perfekte Musik für solch langweilige Tätigkeiten.
Der 45 Mio.$ Film (das Budget wurde gekürzt nachdem Harrison Ford die Hauptrolle nicht spielen wollte) war für Disney ein veritabler Flop, doch für Stephen (The Mummy) Sommers ein Start ins mit Effekten überfüllten Fantasy-Adventure Genre, das er mit The Mummy, G.I. Joe und Van Helsing mal mehr, mal weniger erfolgreich fortsetzte.
In Deep Rising spielt Treat Williams den Kapitän eines Schnellbootes, der angeheuert wird um ein Luxuspassagierschiff anzugreifen und die Passagiere um ihre Habseligkeiten zu erleichtern. Doch die „Piraten“ finden ein leeres Schiff vor und stehen alsbald vor einer Begegnung mit einem riesigen, Tentakel schwingenden Unterseemonster, das sich nun daran macht, die schwer bewaffnete Crew eins für eins zu dezimieren. Ein Film, bei dem man am besten Hirn aus- und Popcornmaschine einschaltet, sich einfach unterhalten lässt. Immerhin sind hier noch einige „echte“ Spezialeffekte zu sehen (der Luxusdampfer als Modell zB.), einige witzige Dialoge zu hören aber auch ein mittelmässiges CGI Monster und Computerwellen zu bewundern.
War die alte Scheibe ein allzu kurz weilendes Vergnügen, so ist die neue Scheibe ein Testosteron geladener Actionknaller und entschädigt alle, denen 30 Minuten Filmmusik einfach nicht genügen (was in 99% berechtigterweise der Fall ist).
Wir hören hier zwar keine neuen Motive und Themen, alle waren schon auf der Hollywood Records CD zu hören, doch finden wir so einige Variationen und eine ganze Menge Actionmaterial für volles Orchester mit einer pfundigen Perkussionssektion (gerade das Timpani nimmt eine vitale Farbe ein) und ein gerüttelt Mass an elektronischen Beigaben, von Tasten über Drums. Erst mit Track 27 hält Goldsmith kurz inne und lässt „Leila’s Gone“ wehmütig erklingen. Doch die „Stille“ hält nicht allzu lang und es folgen noch einige deftige Stücke, die es in sich haben. Und wenn Meister Goldsmith den Score mit dem fetzigen „Hang On-End Title“ endet, dann bleibt einem nur noch ein „Noooow what?“.
Zuvor aber haben wir einige Themen und Erkennungsmerkmale. Des Monsters grummelnd-gefürchiges Motiv, das auch als „Angst- und Actiongrundlage“ („Lurking Monster“, „Wall of Water“) dient, ist gleich zu Beginn von „Underwater Grave-The Saipan“ zu hören, gefolgt vom als Hauptthema fungierenden und von einem unaufhörlichen Rhythmus angetriebenen Motiv für das Schnellboot von Treat Williams. Eine alternative Vorspannmusik ist als Bonus enthalten („Underwater Grave-Main Title (Original)*“. Nur kurz wird in „The Screen-The Ship“ das Thema für den Luxusdampfer angespielt, meisterhaft in das Hauptthema eingenudelt.
Freilich präsentiert Goldsmith hier nebst einer grossartigen Orchesterdarbietung auch die Taktwechsel und ungeraden Takte sowie die nie langweilige Spannungsmusik („Let’s Move-Wet Repairs“, „Stay Close“) und fantastische Gruselstücke wie das viereinhalb minütige „Let’s Make a Deal“, alles was einen Actioner des Meisters so speziell macht. Hübsch auch die kleine Bekanntschaft aus dem Sean Connery Vehikel Medicine Man (auch hier warten Fans auf ein extended Album) zum Ende von „The Flare Gun“ und zu Beginn von „Hang On“. Blech „volle Kraft voraus“, hämmernde Perkussion, dass sich die Balken biegen, Synthesizers Leinen los.
Ich schreibe in euphorischen Tönen über Deep Rising, ich weiss. Aber dieser Score ist genau das was für mich ein richtig guter, feurig pfeffriger Actionscore Marke Jerry Goldsmith Ende der 90er ohne „Gefangene zu machen“ ausmacht – und des einen The Mummy ist eben des anderen Deep Rising.
Ist es also wert das doppelte an Spielzeit zu haben? Ein deutliches und ohne Umschweife subjektives „ja“. Wer pfundige Goldsmith Unterhaltung mag, seine Variationen und Variatiönli schätzt – man höre sich nur „Not Every Day“ an – und ein Fan seiner Actionarbeiten ist, sollte nicht zögern.
Phil, 1.7.2014
DEEP RISING Jerry Goldsmith Intrada Special Collection Volume 278 67:43 / 35 Tracks
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