Deep Impact

Review aus The Film Music Journal No. 15, 1998

James Horners Vertrag mit Sony hat einen grossen und einen kleinen Nachteil. Nach dem Megaerfolg mit TITANIC (1997) mit längst verdientem Oscargewinn und einer Hitsingle, die einem wochenlang überall begegnete, will man bei Sony natürlich die Welle ausnützen und die Kuh melken, solange sie Milch gibt. Und da bietet sich DEEP IMPACT (1998) eben gerade an. Mit satten 77 Minuten, womit wir beim erwähnten kleinen Nachteil sind – die Spieldauer der CD. Das soll ein Nachteil sein, dürfte sich der ein und die andere nun fragen? Normalerweise nein, im Falle von DEEP IMPACT ein wenig schon. Wir kommen darauf zurück.

Nach dem Erfolg mit THE PEACEMAKER (1997) durfte Mimi Leder erneut auf dem Regiestuhl Platz nehmen und liefert den zweiten «Asteroidenfilm» des Jahres nebst dem pompösen und doch gar kitschig heroischen ARMAGEDDON (1998): DEEP IMPACT. Ein Sternengucker entdeckt einen Kometen, der nach seinen Berechnungen Kollisionskurs mit der Erde hat. Blöderweise stirbt er kurz danach und ehe er alle Welt warnen konnte bei einem Unfall. Ein Jahr später verdächtigt eine Journalistin den amerikanischen Präsidenten eine Affäre mit einer Unbekannten zu unterhalten, doch stellt sich bald heraus, das ELE keine Frau ist, sondern für «extinction-level event» steht. Alsbald bleibt dem Präsidenten nichts anderes übrig als die Welt über das Unausweichliche zu informieren, die Vernichtung allen Lebens auf Erden (oder wenigstens des Grossteils davon). Gleichzeitig startet mit einem aufgepimpten Space Shuttle die letzte Chance, um gegen den wuchtigen Kometen etwas zu unternehmen.

Die DreamsWork Produktion wurde mit Téa Leoni, Morgan Freeman, Robert Duvall, Elijah Wood, Maximilian Shell, John Favreau, James Cromwell und Vanessa Redgrave durchaus prominent besetzt. Der zwei Stunden dauernde Film spielte weltweit 350 Mio. $ ein und war trotz des Konkurrenten ARMAGEDDON ein Riesenhit. Persönlich hat mir die Dramatik, die Emotionen, die Menschlichkeit und die zu spürende Aussichtlosigkeit von DEEP IMPACT besser gefallen.

Für die Musik sorgte James Horner. Im Film klingt seine Komposition gefühlvoll, die Gemütsbewegungen der Protagonisten gut einfassend und unterstützend. Auf CD ist DEEP IMPACT schwieriger zu geniessen, eben weil der Score einem hier überlang vorkommt. Horner bleibt seinem Weg treu, die Orchestrationen sind bekannt, das epische Ausmass (dicke Streicherteppiche, Hörner, Klaviere – mal rollend, mal gefühlvoll -, wuchtige Blechcrescendi gepaart mit perkussiven Adrenalinstössen) zuvor in COURAGE UNDER FIRE (1996), APOLLO 13 (1995) und den weniger auf Action getrimmten Stücken aus CLEAR AND PRESENT DANGER (1994) bereits sehr ähnlich angefertigt und die gleichen Emotionen auslösend.

«Our Best Hope…» enthält das eigentliche Hauptthema von DEEP IMPACT, semi-patriotisch, hoffnungsvoll und nobel. «The Wedding» befasst sich mit dem hübschen Love Theme für das junge Paar (Wood und Sobiski), für Holzbläser, Chor, Celli und Bratschen geschrieben. Der schönste Track des Albums ist das abschliessende, fast zwölf Minuten dauernde Monumentalstück «Goodbye and Godspeed», das an sich alle wichtigen Passagen des Scores enthält. Ich gebe James Horner gerne Kredit für seinen unverkennbaren Stil und die Verwendung seiner typischen Orchestrationen und Motivfetzen, die er immer und immer wieder verwendet. Vielleicht geht er im Moment und mit DEEP IMPACT ein wenig zu weit, aber das soll jeder Hörer für sich entscheiden. Hier aber kommt die Musik komischerweise nie so richtig vom Fleck, mit Ausnahme der erwähnten Stücke – was ich besonders schade finde, ist, dass die Musik eigentümlich leise, auch innerhalb der Instrumentengruppen, abgemischt ist. Man dreht also versuchsweise am Volumenregler und wird dann vom nächsten Tutti aus dem Wohnzimmer geblasen… ich übertreibe. Guter, die Gefühlswelt packender, manchmal dahinplätschernder Horner, der es besser kann.

Phil, 1998

 

DEEP IMPACT

James Horner

Sony

77 Min.
12 Tracks