Keine Zeit für den zweiten Vulkan-Film des Jahres 1997 hatte James Newton Howard – aber immerhin lieferte er das Hauptthema des Films. Zum Handkuss kam John Frizzell, der sich seinerzeit mit BEAVIS AND BUTT-HEAD DO AMERICA (1996) einen Namen machte und mit Roger Donaldsons Disasterfilm und dem im gleichen Jahr entstandenen ALIEN: RESURRECTION (1997) kurzzeitig am Filmmusikolymp schnuppern durfte. Danach hatte Frizzell mit I KNOW WHAT YOU DID LAST SUMMER (1998) einen weiteren Hit, doch stetig ging es mit den wirklich guten Filmangeboten bergab. Heute ist der Komponist mit seltenen Ausnahmen (LEATHERFACE, 2017) vor allem im TV tätig.
DANTE’S PEAK war neben VOLCANO also der zweite Katastrophenfilm des Jahres ’97, der sich mit wild um sich spuckenden, Mensch, Tier, Fauna und Städte bedrohenden Vulkanen beschäftigte. Keiner der beiden war ein wirklicher Erfolg, Roger Donaldsons Werk jedoch der Erfolgreichere der beiden mit 178 Millionen Dollaren Einspiel weltweit. Doch ein Budget von über 100 Millionen $ relativiert das stark. In den Hauptrollen sind der damalige James Bond Pierce Brosnan und Linda Hamilton zu sehen, hinter der Kamera amtete Anderzej Bartkowiak, produziert wurde der Film von Gale Anne Hurd, die ALIENS (1986) und THE ABYSS (1988), aber auch die THE TERMINATOR-Trilogy in die Kinos und THE WALKING DEAD ins gute Wohnzimmer brachte.
James Newton Howard hätte wie erwähnt den Film allein vertonen sollen, doch als es darum ging DANTE’S PEAK unbedingt vor VOLCANO in die Lichtspieltheater zu bringen und man vier geplante Postproduction Monate kappte, pressierte es plötzlich dermassen, dass Howard lediglich Hauptthema und Liebesthema schrieb und sich dann quasi verabschieden musste. Bereits bei THE RICH MAN’S WIFE (1996) übergab Howard, nach einem Hauptthema aus seiner Feder, das Zepter an Frizzell und so schlug er diesen auch für DANTE’S PEAK vor. So beginnt CD 1 also mit Howards Hauptthema im dramatischen «Main Titles» für Chor und Orchester. Die fünfeinhalb Minuten sind ein starkes Stück Musik mit der unverkennbaren Handschrift Howards. Gross und mächtig ist das Hauptthema von Streichern und Hörnern, laut und Ungutes vorausahnend die heftigen Einschübe des Schlagwerks – ganz klar, Howard stellt die musikalischen Weichen früh. Das mit der Handschrift kann man auch von Howards Love Theme sagen, welches in Tracks wie «Flirting», «On the Porch» oder «Ruth Dies» zu hören ist. Es erinnert durchaus an andere Liebesthemen aus der Feder des Komponisten, ALIVE (1993) und OUTBREAK (1995) kommen in den Sinn.
Frizzell nun hatte die Aufgabe «das Dazwischen» so zu gestalten, damit es möglichst wie aus einem Guss klingt – das hat der junge Komponist gut hinbekommen, von majestätischen Momenten, Spannungsstücken bis Drama und wilder Actionmusik, wenn der Vulkanausbruch schliesslich zur kompletten Verwüstung des naheliegenden Städtchens und des Drumherums führt. Frizzells Einarbeitung des Hauptthemas, aber auch des Liebesthemas in den Score und des Howard’schen Klanges als solchen funktioniert erstaunlich gut. Es sind und bleiben dies allerdings auch die federführenden und bemerkenswertesten Themen des Scores (aus dem Hauptthema ableitend und mit diesem zusammenstehend, hat Howard ein weiteres Motiv beigesteuert). Ein Vier-Noten-Spannungsmotiv von Frizzell ist öfters zu hören, ebenso wie weitere Mosaiksteine, die alles, wie erwähnt, verbinden. Interessant, dass in einem Track wie «Mass Exodus» gar Dschungelfeeling aufkommt. Der dramaturgische Rückschluss dazu hat sich mir aber bis jetzt nicht erschlossen.
Auf dem Backcover wird übrigens kein Hehl daraus gemacht, dass weitere Komponisten gebraucht wurden und so haben Steve Porcaro (Keyboarder bei der Band Toto), Brad Dechter, Jeff Atmajian und John Van Tongeren Teile beigesteuert. Wie häufig zu erleben, ist auch auf diesem Doppelalbum die einstige, lediglich 30 Minuten dauernde (Varèse-) CD-Veröffentlichung enthalten. Tim Grieving hat die Liner Notes zum 16-Seiten Booklet beigesteuert, mit diversen Informationen von John Frizzell angereichert.
Phil | 15.03.2022
DANTE’S PEAK
John Frizzell & James Newton Howard
Varèse Sarabande Club
2 CDs | 122:00 | 22 Tracks
Limitiert auf 2000 Stück