Cross of Iron

Sam Peckinpah war ein Filmemacher mit vielen Ecken und Kanten – das ist nicht zuletzt im biografischen Buch «If They Move… Kill Them» zu erfahren, aber Filmkennern auch ohne dessen Lektüre ein Begriff. Dennoch können Jerry Fielding und der einen Whisky nie ablehnenden Regisseur auf eine bemerkenswerte Zusammenarbeit zurückblicken: THE WILD BUNCH (1969), STRAW DOGS (1971), BRING ME THE HEAD OF ALFREDO GARCIA (1974), THE KILLER ELITE (1975) und dazwischen THE GETAWAY (1972), wobei hier Quincy Jones den Score von Fielding ersetzte. An die Genialität eines THE WILD BUNCH ist der Filmemacher nie mehr richtig herangekommen. Eines ist sicher: Diese Art Filmemacher, mag von deren Haltung oder der nicht gerade pfleglichen Art halten was man will, würden in der heutigen gläsernen Zeit von Twitter, TikTok und was weiss ich noch alles kaum zwei Filme überleben. So hat sich vieles – und das nicht nur zum Guten – geändert.

Zur Zeit von CROSS OF IRON (1977) hatte Fielding scheinbar aber genug von der Zusammenarbeit mit Peckinpah und stand für diesen Film nicht zur Verfügung. Peckinpah selber zog diesen grimmigen Antikriegsfilm um einen beinharten Zugführer, James Coburn als Steiner, und einen fies feigen Offizier (Maximilian Schell), dem es nur darum geht an die Auszeichnung «Eisernes Kreuz» zu ergattern, egal wie, möglichen Engagements bei SUPERMAN-THE MOVIE (1978) oder KING KONG (1976) vor. Die Produktion, nicht zuletzt wegen Geldmangels und der Unerfahrenheit eines deutschen Produzenten von Softporn-Filmen (der noch nie einen Film dieser Grösse produziert hatte), lief aus dem Ruder, die geplante grosse Schlacht am Ende des Films konnte nicht gedreht werden.

Speziell war sicher die Wahl von Ernest Gold (EXODUS, 1960) als Komponist, doch erkannte Gold, was der Film musikalisch benötigte: Sicher keine grossen Schlachtmusiken und Actiongetöse, dabei Peckinpahs brutale, grafische, aber ikonische und stets mit mehreren Kameras aufgenommene Kampfszenen öfters ohne Musik belassend.

Gold beginnt den Film mit einer Mischung aus zu Beginn düsteren, unheilschwangeren Musik für Streicher und dem Kinderlied «Hänschen klein», ehe er Marschklänge und beinahe Wagner’sche Fanfaren dazwischenschiebt, die schwarz-weiss Bilder des Titelspanns kontrastierend, warnend, hinterfragend – ehe der Marsch vollständig übernimmt und gar «Hänschen klein» integriert. Die CD allerdings startet mit «Steiner’s Theme» und zwar in seiner schwelgerischsten Form, angefangen von einer Bläserfanfare in das von den Streichern dominierte, wirklich wunderschöne, aber auch eher einfach gehaltene Thema. Gold macht viel daraus und setzt es in fast allen Stücken ein, so ist es in «Captain Stransky» verarbeitet, aber auch im verstörenden «Memories and Hallucinations» oder «Eva» (Senta Berger in einer Nebenrolle) sowie mit Tonalitätswechsel in «Return to the Front» und hinterfragend und herausfordernd in «I Hate All Officers».

Eine gefühlvolle melancholische, aber auch zerbrechliche Melodie ist in «Mikael» zu hören, in welchem Gold ein traditionelles russisches Lied einwebt. Diese Melodie ist in «Mikael’s Death» in tragischer Weise verbaut, hier dominieren gegenüber «Mikael» die Streicher. Interessanterweise findet Gold dafür wieder Verwendung im bemerkenswerten «The Bridge House», einer vieldiskutierten Szene mit verlassenen und verletzten Russinnen sowie dem etwas mehr als vier Minuten dauernden, emotional packenden «The Massacre».

CROSS OF IRON ist eine seit jeher unterschätzte Filmmusik geblieben, was mitunter auch der Erfolgslosigkeit des von Geldmangel geplagten Films zuzuschreiben sein dürfte. Stellenweise zeigt diese Komposition aber die Fähigkeiten des Filmkomponisten, nicht nur handwerklich, sondern auch dramaturgisch gesehen, auf – auch wenn so einiges seiner Musik im Film keinen Unterschlupf fand.

Leider sind keine Bänder der Musik auffindbar und so veröffentlichte Quartet Records das bekannte LP-Programm, tonlich aber hervorragend aufbereitet (nicht zuletzt deshalb, aber auch um die Labels weiterhin zu unterstützen, sollten Liebhaber hier zugreifen und auf die magere Streamingqualität verzichten) und mit einem Booklet mit Liner Notes von Jeff Bond ausgestattet.

Phil, 20.07.2022

CROSS OF IRON
Ernest Gold
Quartet Records
40:58 | 15 Tracks