Cloud Atlas ist, nebst Prometheus, einer der umstrittensten Filme aus Zwanzigzwölf, entweder man mag ihn oder man mag ihn nicht, entweder man kann darüber philosophieren oder findet ihn einfach doof. Die in zwei Lager gesplitteten Kritiker schlugen sich fast die Köpfe ein, Warner wusste nicht wie man den Film, insbesondere in den USA, vermarkten sollte und dem US-Publikum war der Film sowieso zu komplex. Inzwischen ist Cloud Atlas, dank guten Einspielergebnissen in u.a. Deutschland, China und England die schwarzen Zahlen gerutscht, es ist aber fraglich ob sich in nächster Zeit wieder ein grosses Studio an eine Mitfinanzierung eines so vielschichtig verflochtenen Films wagen wird.
Hier einen Storyabriss zu schreiben, ist kaum möglich. Cloud Atlas umspannt eine Zeitspanne von 18hundertschlagmichtot bis ins 2300 und erzählt parallel sechs verschiedene Geschichten. In allen tauchen die selben Darsteller, in verschiedenen Rollen und mehr oder weniger aufwändigen Masken auf (alleine diese Tatsache macht den Film spannend: „Wer entdeckt…?“ und „Wo ist die Verbindung?“).
In David Mitchells Buch sind die sechs Geschichten chronologisch gelistet, die Wachowskis und Tykwer entschieden sich dazu (und entgegen der Meinung von Warner), die Storys parallel zu verpacken – und das ist nicht zuletzt der sich verbindenden Spannungsbögen reizvoll. Freilich fordert es den Zuschauer, freilich aber hat dieser auch fast 170 Minuten Zeit, sich in den verschiedenen Perioden und mit den unterschiedlichen Protagonisten zurecht zu finden.
Cloud Atlas ist ein anspruchsvolles Werk, irgendwie, wenn man das so sagen darf, eine Mischung aus 2001 und The Fountain. Und irgendwie wird wohl die Zeit auch bei Cloud Atlas zeigen, wie sehr er sich in den Köpfen der Filmfans festsetzen wird. Das Regietrio hat durchaus seine Spuren hinterlassen, auch mal weniger gelungen, so die letzte, die am weitesten in der Zukunft spielende Story (aufgepasst! Wer erkennt Hugh Grant?) – ohne Untertitel geht hier im Original eher wenig – oder die Makeup Künste in der Neo Seoul Szenerie, die nicht so richtig überzeugen können.
Musikalisch hätte ich mir einen markanteren Score gewünscht, auch weil er im Film eine so tragende Rolle zu spielen hätte. Die im Film von Robert Frobisher (Ben Wishaw) komponierte Melodie wird in den Erzählsträngen auf unterschiedliche Weise verwendet. So 100%ig haut das nicht hin und man fragt sich vielleicht was ein, man verzeihe mir den Ausdruck, richtiger Komponist hier hätte erschaffen können. Auch hier sind die Lager ziemlich deutlich pro Tykwer-Klimek-Heil oder contra geteilt.
Zusammenfassend: Ja, ich zähle zu jenen, die Cloud Atlas mögen und darüber philosophieren können – und somit dem Film eine klare Weiterempfehlung aussprechen. ABER, man sollte sich Zeit nehmen den Film in einem Rutsch durchzuschauen und dazu aufgelegt sein, komplexes Kino zu schauen. Der Gang auf Toilette oder nur schon der Griff in die Chipstüte sollten eindeutig mit der Pause-Taste gesetzt werden.
Phil, 24.5.2013
CLOUD ATLAS R: The Wachowskis, Tom Tykwer D: Tom Hanks, Hale Berry, Jim Boradbent u.a. Musik: Tom Tykwer, Reinhold Heil, Jimmy Klimek Verleih: Ascot (DVD)
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