The Blue Planet

Review aus The Film Music Journal No. 33/34, 2005

Dass Dokumentationen erwähnenswerte Musik verpasst bekommen, ist selten genug. Dass diese Musik auf einer anschaffenswerten CD erscheint, ist noch viel seltener. Und dass im Falle von THE BLUE PLANET (2001) dann auch noch ein namhafter Komponist wie George Fenton engagiert wurde, unterstreicht den Qualitätsanspruch der BBC an ihre Dokumentarfilme, die in der Tat für ihre herausragenden Standards bekannt sind. THE BLUE PLANET wurde als achtteilige TV-Dokumentation konzipiert und stellt ein einmaliges, spektakuläres und unbedingt sehenswertes Portrait unserer Weltmeere dar.

Fenton durfte dazu eine recht üppige und größtenteils orchestrale Musik schreiben. Die Basis dafür stellt das immer wieder zitierte majestätische Hauptthema. Im Titelstück The Blue Planet wird es mit Chor und Orchester ausgebreitet und hat eindeutig zur Aufgabe, den Zuschauer nicht etwa auf eine trockene Dokumentation und die bloße Vermittlung von Informationen vorzubereiten, sondern ganz im Gegenteil ihn in eine euphorische Grundstimmung zu versetzen und ihn so zu öffnen für die beeindruckenden, teils dramatischen und oft überwältigenden Aufnahmen. Man könnte mutmaßen, dass Silvestris THE ABYSS (1989) Pate stand für dieses Hauptthema, allerdings ist die Verwandtschaft mehr stilistischer Art, als dass Ähnlichkeiten in der Melodieführung erkennbar wären.

Im Folgenden weist Fentons Musik stilistisch wie qualitativ Schwankungen auf. Dabei kristallisiert sich eine Art Faustformel heraus. Je größer der physikalische Maßstab ist, der gerade betrachtet wird, desto besser wird auch die Musik. Genauer gesagt, wenn sich die Dokumentation gerade mit Kleinlebewesen oder speziellen Details der Natur auseinandersetzt, verwendet Fenton hauptsächlich kleine und zum Teil elektronische Besetzung, wie z.B. in Thimble Jelly Fish oder Surfing Snails. Geht es dagegen um Großlebewesen, wie Blauwale, Delfine oder Killerwale, darf sich Fenton mit dem Orchester austoben. Dies sind die besten Momente seiner Musik, sei es die Majestätik der Blauwale, die Dramatik, wenn des Nachts die Haie jagen oder die Ausgelassenheit einer großen Delfinschule. Letzteres hat Fenton vorzüglich mit Spinning Dolphins in Form eines Walzers eingefangen, der sich immer mehr steigert und dabei sogar ein wenig italienisches Flair verbreitet.

Fenton hat also die Vorlage, die ihm mit dieser Dokumentarreihe gegeben wurde, sehr gut genutzt und eine abwechslungsreiche, sehr stimmige Musik geschrieben, die genau das beim Zuschauer erreicht, was sie erreichen soll: sie reißt ihn mit und läßt ihn tief beeindruckt zurück.

Klaus  |  2005

 

THE BLUE PLANET

George Fenton

Decca

55:12
16 Tracks