Bite the Bullet

Review aus The Film Music Journal No. 21, 2000

Lange habe ich auf diesen Score gewartet. BITE THE BULLET ist einer der schönsten Spätwestern und einer der letzten grossen Wild West-Filme klassischer Prägung. Neben gut aufgelegten Stars (Gene Hackman, James Coburn), tollen Bildern und einigen durchaus kritischen Blicken auf den sogenannten American Way of Life macht vor allem Alex Norths fantastischer Score (Oscar-Nomination 1975) diesen Film immer wieder zum Erlebnis.

Den Hörer erwartet allerdings kein konventioneller Westernscore à la Bernstein oder Tiomkin, obwohl auch North die klassischen Westernmusikelemente nutzt, Bläser und Streicher in verschiedenen Variationen, Mundharmonika und Gitarren. Mitreissendes Americana, vor allem in der «Ouverture» und «The Race» zu finden, durchziehen den Score ebenso wie eine gute Portion mexikanisches Flair. Aber die grossen Momente dieses Scores sind die ungewöhnlichen Stücke, die von dem hohen künstlerischen Niveau des Komponisten zeugen. In «Night Pause» sind es nur zwei Gitarren, die in drei Minuten eine wunderbar stimmige Atmosphäre schaffen. Ähnliches gibt es noch einmal in «Respite».

Mit den Stücken «Old Timer’s Horse», «The Foal» und «Clay and the Mexican» belegt North überzeugend, wie man mit minimalem Aufwand ein Maximum an Emotionen erreichen kann. Unwillkürlich fällt mir da seine Musik zu THE MAN WITH THE GUN aus dem Jahre 1955 ein, noch so eine Perle unveröffentlichter Filmmusik. Eines der besten Stücke der CD ist «Badlands». Der Cue beginnt wie ein Schlag ins Gesicht, düstere Streicher und bedrohliche Bläser mit diversem Schlagwerk und einer Vielzahl anderer Instrumente genial gemischt, ergeben die treffliche, akustische Beschreibung einer Landschaft. Rau, heiss, Hals- und Bein brecherisch für Mensch und Tier und ein besonderer Genuss für den geneigten Hörer. Ähnliches lässt sich auch über Sand Dunes sagen, der Cue könnte auch aus einem Horrorstreifen stammen. Mit bedrohlichem Flirren wird wiederum eine Landschaft akustisch spürbar gemacht.

Dieser Score wird nie langweilig, denn er ist so abwechslungsreich, dass man alle Elemente beim einmaligen Hören gar nicht richtig erfassen kann – und das halte ich bei einem Westernscore schon für sehr bemerkenswert. Abgerundet wird die CD noch durch einige Stücke «Mexico Source Music» und amerikanische Märsche. Ein informatives und schönes 16seitiges Booklet gehört ebenso dazu wie eine solide Klangqualität, also eine CD, die keine Wünsche offen lässt.

Ronald Kuss

BITE THE BULLET
Alex North
Prometheus
62:44 | 27 Tracks