Before and After

Review aus The Film Music Journal No. 7, 1996

Wir wissen es längst, Howard Shore gehört zu den innovativsten Komponisten, die in Hollywood in den letzten 10 Jahren gearbeitet haben. Eine neue, eigene Stimme zu finden und diese erst noch ausleben zu können, ist in der Traumfabrik keine Selbstverständlichkeit mehr. Temp tracks und nicht immer ganz nachvollziehbare Entscheidungen von Studios, Produzenten und Regisseuren führen zu einem Schubladisieren und viele, die es könnten, konnten sich als Filmkomponisten nie richtig entfalten.

Nach jahrelanger Zusammenarbeit mit David Cronenberg (die bis heute andauert), setzte der Kanadier mit seinem superdunkeldüsteren SILENCE OF THE LAMBS (1991) eine neue Marke im Thrillergenre. BEFORE AND AFTER (1996) bildet da in Sachen Qualität keine Ausnahme. Die Musik zum Film von Barbet Schroeder (SINGLE WHITE FEMALE, 1992, ebenfalls mit einem Score von Shore ausgestattet) mit Meryl Streep, Liam Neeson und Edward Furlong über einen Mordfall, der den Sohn der Familie als Beklagter betrifft, ist schwer, kraftvoll, vornehmlich von Streichern und Holzbläsern getragen. Der «Main Title» ist ungeheuer stimmungsvoll und auf seine Art sehr ergreifend. Das packende Hauptthema variiert Shore glänzend und lässt es immer wieder kurz anspielen («Looking for Jacob», «First Postcard»). Anders als SE7EN (1995) oder SILENCE OF THE LAMBS, die dafür nicht viel Platz einräumen konnten, vermag BEFORE AND AFTER auch mit wunderschönen, durchdringenden Melodien («Dr. Ryan» und «Carolyn») zu überzeugen.

Howard Shore verstand es die dramatische Geschichte einer Familie in Ausnahmezustand musikalisch dicht und ausdrucksvoll umzusetzen. DEAD RINGERS (1988), als Vergleich, der hinkt, verfügt über dieselbe Intensität und hypnotische Wirkung. Grosse Musik eingespielt vom London Philharmonic Orchestra.

Phil, 1996

 

BEFORE AND AFTER

Howard Shore

Hollywood Records

41 Min.
17 Tracks